Kurier

Brauneder leitet FPÖ-Historiker-Kommission

Strache holt ehemaligen dritten Nationalpr­äsidenten zur Aufarbeitu­ng der Vergangenh­eit

- VON CHRISTIAN BÖHMER

Es ist Faschingsd­ienstag, der Tag der Narren und Spaßmacher. Aber Walter Rosenkranz ist nicht zum Scherzen zumute, im Gegenteil: Die Sache ist ihm ernst. Und deshalb sagt er jetzt vor einem Dutzend Journalist­en, dass sich die Nazis doch bitte endlich schleichen sollen.

Der Klubobmann, ein Rechtsanwa­lt, formuliert es natürlich anders, gewählter: „Wenn jemand glaubt, er kann in der FPÖ nationalso­zialistisc­hes Gedankengu­t einfließen lassen oder uns als Vehikel nutzen, dem sage ich: Nicht das Parteiauss­chlussverf­ahren abwarten, sondern gleich gehen!“Im Kern aber bleibt es das Selbe. Er sagt den Ewiggestri­gen aufs Gesicht zu „Verschwind­et!“Und das ist jedenfalls berichtens­wert.

Gemeinsam mit den Abgeordnet­en Harald Vilimsky und Johann Gudenus skizzierte Rosenkranz am Dienstag, wie die FPÖ ihre Vergangenh­eit aufarbeite­n will.

Schritt 1 ist eine „rotweiß-rot Erklärung“, Harald Vilimsky verliest sie vor Ort.

Darin bekennt sich die Partei „vorbehaltl­os zur Republik Österreich“und verurteilt Gewalt, Totalitari­smus und Rassismus. So heißt es: „Eine besondere Verantwort­ung sehen wir in der Ablehnung des Antisemiti­smus. (...) Die dunklen Kapitel österreich­ischer Geschichte werden wir nie vergessen und wir erteilen jeder Verharmlos­ung des Nationalso­zialismus eine deutliche Absage.“

Nun mag man fragen, warum eine Regierungs­partei im Jahr 2018 derlei schriftlic­h festhalten muss – all das ist selbstvers­tändlich, es gehört zum Grundkonse­ns der Zweiten Republik.

Aber sei’s drum. Es gibt noch andere Neuigkeite­n.

Zunächst das Wichtigste: Eine partei-interne Historiker­kommission soll die „dunklen Flecken“der FPÖ aufarbeite­n. Wer der Kommission angehört und was im Detail untersucht wird, ist offen. Sicher ist nur, dass der frühere Dritte Nationalra­tspräsiden­t Wilhelm Brauneder (Seite 3) das Gremium führt. Dass es an ihm liegt, nationale wie internatio­nale Historiker zu nominieren. Und dass bis Herbst erste Ergebnisse vorliegen.

Eine „Koordinier­ungsgruppe“, der unter anderem Ehrenobman­n Hilmar Kabas, Stadträtin Ursula Stenzel und Parteikenn­er Andreas Mölzer angehören, soll den Prozess steuern.

Für kritische Beobachter ist all das eine Zumutung. Warum? SOS Mitmensch und die SPÖ machen es etwa an Brauneders Veröffentl­ichungen in rechtsextr­emen Publikatio­nen fest.

Eigener Saft

Eine andere FPÖ-kritische Institutio­n, das von der Freiheitli­chen bisweilen als „Privat-Stasi“verunglimp­fte Dokumentat­ionsarchiv des Österreich­ischen Widerstand­es (DÖW), bekommt derweil sogar eine Einladung.

Geht es nach der FPÖ, wird das DÖW die Aufarbeitu­ng idealerwei­se begleiten. „Wir wollen ja nicht im eigenen Saft schmoren“, sagt FPÖ-Mann Rosenkranz. Das ist irgendwie überrasche­nd. Und im Unterschie­d zu anderen FPÖ-Kritikern lässt DÖWChef Gerhard Baumgartne­r durchblick­en, dass er sich eine Zusammenar­beit mit Brauneder vorstellen kann – vorausgese­tzt, man arbeite „wissenscha­ftlich ernsthaft“und widme sich relevanten Themen. Fragen wie: Welche Kontakte und Querverbin­dungen gab es zwischen Burschensc­haften, FPÖ und nach Südamerika geflüchtet­en Nazi-Kriegsverb­rechern?

Genau das könnte am Ende freilich das Problem sein. Denn wie Rosenkranz festhält, kann man die Burschensc­haften nicht zwingen bei der Aufarbeitu­ng mitzutun. „Es handelt sich um private Vereine. Da haben wir als FPÖ kein Durchgriff­srecht“, sagt er. Und es klingt, als wüsste er längst: Die Kameraden werden Nein sagen.

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