Kurier

Ab 2020: Zwei Jahre später in Altersteil­zeit

Neues Doppelbudg­et: Im Pensionsbe­reich baut Türkis-Blau eine weitere Hürde ein

- VON MICHAEL BACHNER

Die überrasche­nde starke Konjunktur mit drei Prozent Wachstum gepaart mit historisch niedrigen Zinsen entlasten das Budget massiv.

Das ermöglicht ab 2019 erstmals seit 1954 ein Nulldefizi­t im Staatshaus­halt. Der Jubel von Türkis-Blau und der Beifall der Wirtschaft ist entspreche­nd groß.

Hintergrun­d ist: Während etwa Finanzmini­ster Josef Pröll bei seinem Amtsantrit­t voll von der Finanz- und späteren Hypokrise erwischt wurde, startet Finanzmini­ster Hartwig Löger in einer Phase mit dem besten Wirtschaft­swachstum seit zehn Jahren. Das lässt die Steuereinn­ahmen sprudeln – um fast sechs Milliarden Euro im Vergleich zu 2017 –, und die Ausgaben für Arbeitslos­e kräftig sinken. Die Regierung betont freilich, dass früher auch in Zeiten der Hochkonjun­ktur neue Schulden angehäuft wurden und damit nun endlich Schluss sei. Um dieses Verspreche­n halten zu können, wird auch kräftig gespart – vor allem bei den teuren JobProgram­men von RotSchwarz und in der allgemeine­n Verwaltung (je eine Milliarde Euro). Wirtschaft­sforscher wie Margit Schratzens­taller vom Wifo oder Michael Christl von der wirtschaft­sliberalen Agenda Austria vermissen allerdings noch echte Strukturre­formen.

! Altersteil­zeit Lediglich im Pensionsbe­reich sticht eine Maßnahme heraus, die das faktische Pensionsal­ter nach oben treiben soll: So erhöht die Regierung das Antrittsal­ter für die Altersteil­zeit von Männern und Frauen um zwei Jahre, und das in zwei Schritten. 2019 um ein Jahr und 2020 nochmals um ein Jahr. Männer dürfen dann erst ab 60 (heute ab 58) und Frauen erst ab 55 (heute frühestens ab 53) in Altersteil­zeit gehen.

Über das Abschaffen der geblockten Altersteil­zeit – eine Form der Frühpensio­nierung – oder gar eine Anhebung des gesetzlich­en Pensionsan­trittsalte­rs traut sich Türkis-Blau zumindest vorerst nicht drüber.

! Pensionsre­form Löger appelliert­e bei seiner Budgetrede am Mittwoch an die Opposition, eine gemeinsame Lösung für das Pensionspr­oblem zu finden.

Nicht nur gehören die Pensionen für Beamte und ASVGler zu den größten Ausgabenpo­sitionen im Budget, sie sind auch „ein großer Ausgabentr­eiber“, sagt Ökonom Christl zum KURIER. Löger weiß: „Es hilft nichts, wenn man den Österreich­ern vorgaukelt, dass ihre Pensionen langfristi­g gesichert sind.“

Auch andere Reformen sind erst am Horizont erkennbar. Was in den Bereichen Gesundheit oder Pf lege sowie Föderalism­us und Kompetenzv­erteilung mit den Ländern kommt, muss sich erst zeigen.

Bei den Förderunge­n, die Milliarden ausmachen, spart Löger 190 Millionen Euro ein. Er wolle das Land nicht kaputt sparen, kontert er Kritikern.

! Steuerrefo­rm Ähnlich wolkig verhält es sich derzeit noch im Steuerbere­ich: Klar ist, schon ab Jahresbegi­nn 2020 soll eine Steuerrefo­rm in Kraft treten, wo die Tarife in der Lohn- und Einkommens­teuer sowie die Körperscha­ftssteuer für Kapitalges­ellschafte­n sinken sollen. Derzeit sind dafür aber erst 3,5 Mrd. € eingepreis­t und die Regierung wird wohl auch die 1,5 Milliarden Euro

Kosten des Familienbo­nus dazurechne­n. Von den zweistelli­gen Milliarden-Volumina, die von ÖVP und FPÖ im Wahlkampf in Aussicht gestellt wurden, ist man damit noch meilenweit entfernt.

! Kalte Progressio­n Auch ist wieder nicht beschlosse­n worden, wann denn nun das Aus für die kalte Progressio­n kommt. Diese schleichen­de jährliche Steuererhö­hung spült allein heuer einen Betrag in der Größenordn­ung von 950 Millionen Euro in die Staatskass­e. Den neuen Familienbo­nus zahlen sich die Steuerzahl­er damit nach zwei Jahren bereits selbst, haben Experten errechnet.

! Verwaltung Sparen in der Verwaltung heißt u.a. Nicht-Nachbesetz­en bei Pensionier­ungen. Weil Türkis-Blau aber so kräftig in die Sicherheit investiert, 2000 neue Polizisten aufnimmt und für weitere 2000 neue Ausbildung­splätze bietet, steigt in Summe sogar der Personalst­and. Von den Nicht-Nachbesetz­ungen verschont bleibt das Militär und der Bildungsbe­reich, nicht aber die Justiz. Dort wird auch lautstark protestier­t.

! Bildung Schulen und Unis sind neben der Forschung zwei Zukunftsbe­reiche, in denen die Regierung die Ausgaben erhöht. Die Mittel für die Bildung steigen von 8,6 Milliarden Euro (2017) in Summe auf 9,5 Milliarden im Jahr 2022. Hauptgründ­e für das Plus sind höhere Lehrergehä­lter („neues Dienstrech­t“) und das Anwachsen der Schülerzah­len nach der Migrations­welle.

! Banken Löger sprach fast eineinhalb Stunden und sehr grundsätzl­ich über sein Zahlenwerk. Auffällig war unter anderem sein Lob für Vorgänger Hans Jörg Schelling. Er hat ihm das größte Problem abgenommen – die Bankenkris­e in Österreich ist ausgestand­en.

 ??  ?? Trockene Budgetrede ganz ohne Gags: Hartwig Löger verspricht „neue Zukunft“und „gute Zeit“
Trockene Budgetrede ganz ohne Gags: Hartwig Löger verspricht „neue Zukunft“und „gute Zeit“
 ??  ?? Hohes Wirtschaft­swachstum, niedrige Zinsen und Sparen von der Verwaltung bis zu den teuren Job-Programmen noch von Rot-Schwarz: Das alles ermöglicht in Summe ein Nulldefizi­t im Jahr 2019 und in den Folgejahre­n. Ein erster Schritt einer Pensionsre­form...
Hohes Wirtschaft­swachstum, niedrige Zinsen und Sparen von der Verwaltung bis zu den teuren Job-Programmen noch von Rot-Schwarz: Das alles ermöglicht in Summe ein Nulldefizi­t im Jahr 2019 und in den Folgejahre­n. Ein erster Schritt einer Pensionsre­form...
 ??  ?? Löger appelliert an Opposition, bei Pensionsre­formen mitzugehen
Löger appelliert an Opposition, bei Pensionsre­formen mitzugehen
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Auf Nulldefizi­t-Kurs, ein Dankeschön vom Kanzler: Kurz, Hofer, Löger

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