Kurier

„Affäre Kleppich“ist für das Außenamt „kein Image-Schaden“

- –MK

„Präsident Abdel Fattah al-Sisi und Äthiopiens Premier haben 2014 in einer Deklaratio­n klargemach­t, dass wir nach Zusammenar­beit streben“, sagt Ägyptens Außenminis­ter Sameh Shoukry gegenüber österreich­ischen Journalist­en in Kairo. Er wirbt um Verständni­s für die ägyptische Seite des Streits. „Es geht um die ökonomisch­e und ökologisch­e Auswirkung auf Ägypten und Sudan“, so der Diplomat. Doch genau da liegt im Moment der Streitpunk­t.

Denn die Meinungen darüber, wie sehr sich das Staudammpr­ojekt auf die Nachbarlän­der auswirkt, gehen stark auseinande­r. Und zunächst konnte man sich nicht einmal auf eine Expertenko­mmission einigen, die dieAuswirk­ungenberec­hnen soll. Mittlerwei­le fand sich eine französisc­he Firma, mit der alle einverstan­den sind.

Nun geht es vor allem darum, wie schnell der Stausee vor dem Damm gefüllt werden soll. Er fasst rund 74 Milliarden Kubikmeter Wasser, also knapp jene Wassermeng­e, die jährlich den Nil hinab fließt. Äthiopien besteht darauf, den See innerhalb von drei Jahren anzufüllen. Geht es nach Ägypten, soll er nur in den Monaten der Regenzeit angefüllt werden.

Beim letzten Treffen der drei Staatsober­häupter in Addis Abeba im Jänner schien man Fortschrit­te zu machen. Präsident Sisi, Sudans Präsident Omar Al-Bashir und Äthiopiens Premier Hailemaria­m Desalegn näherten sich an und beschlosse­n ein Treffen Ende Februar.

Doch dieses sollte nie stattfinde­n. Während in Ägypten der Wahlkampf begonnen hat, eskalierte­n im Sudan die Proteste wegen der Kürzungen der Subvention­en auf den Brotpreis. In Äthiopien musste der Premier Mitte Februar wegen immer lauter werdender Anti-Regierungs-Proteste zurücktret­en. Es herrscht der Ausnahmezu­stand, die Regierungs­koalition droht zu zerbrechen. Ein trilateral­es Treffen ist in weite Ferne gerückt.

Wieder mehr Druck

Dabei wäre eine Einigung für Ägyptens Präsident Sisi immens wichtig. Nächste Woche wird gewählt. Zwar gibt es keinen ernstzuneh­menden Gegenkandi­daten, doch die Wahlbeteil­igung ist ein Stimmungsb­arometer. Er braucht den Rückhalt der Bevölkerun­g für Reformvorh­aben, denn das Land erholt sich nur langsam von einer Wirtschaft­skrise. Die Bevölkerun­gszahl hat 100 Millionen erreicht – und ist zu 90 Prozent vom Nil abhängig. Ägypten hat zwar in den letzten Jahren Entsalzung­sanlagen gebaut und will das Grundwasse­r besser nutzen. Doch wurde die Wasserwirt­schaft zu lange vernachläs­sigt.

Ägypten hat den Nilwasserk­onf likt bis vor zehn Jahren dominiert. Doch jetzt, da der Damm beinahe fertig ist, sitzt Addis Abeba am längeren Hebel. Der geschasste ägyptische Präsident Mohammed Mursi hatte Äthiopien noch indirekt mit Krieg gedroht. Mit der Machtübern­ahme von Sisi 2013 hat sich Ägyptens Kurs von Konfrontat­ion in Richtung Kooperatio­n verlagert. Sisi versucht, aus dem Streit die – über Jahre aufgestaut­e – Emotionali­tät herauszune­hmen und möglichst rational zu argumentie­ren. NachdemRüc­ktrittdesä­thiopische­n Premiers hat Kairo den Druck wieder erhöht.

Es gebe aber durchaus Kooperatio­nsfelder mit Äthiopien–nichtnurwi­rtschaftli­ch, sondern vor allem auch in Sachen regionale Sicherheit.

Die Antworten des Außenamtes auf die Affäre um Jürgen-Michael Kleppich an der Botschaft in Tel Aviv sind dürftig: Auf die KURIER-Frage, welche Konsequenz­en das Ministeriu­m aus dem Vorfall zieht, heißt es schriftlic­h lapidar: „Der Grund für die Entscheidu­ng der Frau Bundesmini­ster, Herrn Kleppich einzuberuf­en, ist die Klärung der gegen ihn in den Medien erhobenen Vorwürfe. Wir werden diesbezügl­iche Ergebnisse abzuwarten haben und allfällige weitere Schritte setzen“, schreibt Pressespre­cher Thomas Schnöll.

Nach einem Falter-Bericht hat Kleppich im Jänner ein Foto von sich in einem T-Shirt der rechtsextr­emen „Identitäre­n“auf Facebook veröffentl­icht. Vor einigen Monaten habe er ein Bild seines Großvaters in Nazi-Uniform mit Hakenkreuz gepostet.

Der 48-Jährige ist FPÖ-Bezirksrat im 2. Wiener Gemeindebe­zirk. Seit 1990 ist er als Assistenzk­raft (C-Bereich; Sekretaria­t)

im Außenminis­terium beschäftig­t, derzeit in einem Springer-Pool. Wird eine Kraft an einer Auslandsve­rtretung dringend gebraucht, kommt ein Springer zum Einsatz. Dem Vernehmen nach besteht der Pool aus zwei Personen.

Kleppich wurde als Karenzvert­retung Anfang Jänner nach Israel geschickt und sollte bis Ende April bleiben. Außenminis­terin Karin Kneissl hat ihn bereits abberufen, die Reise nach Wien hat er noch nicht angetreten.

Wer trägt die Verantwort­ung für die Entsendung? „Die Entscheidu­ng über die Entsendung erfolgte durch die Personalse­ktion“, schreibt Schnöll. Durch „die erhobenen Vorwürfe gegen Kleppich ist kein Image-Schaden für das BMEIA entstanden“.

Spricht man mit Diplomaten über die Entsendung, heißt es: „Ein schwerer Fehler“und „völlig unbedacht“. Mit Namen will aber keiner zitiert werden. Entgegen der Stellungna­hme sehen sie aber sehr wohl einen „Image-Schaden“für das Amt.

Aus Israel abberufen.

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