Assads Kalkül geht in Ost-Ghouta auf
Rebellenabzug. Eine der stärksten Fraktionen will freies Geleit – und beschleunigt damit ihr Ende
Die syrische Armee ist in OstGhouta weiterhin auf dem Vormarsch. Durch Einsatz von Brandbomben rückten assadtreue Truppen in der Nacht auf Mittwoch den islamistischen Rebellen der „Jaish al-Islam“zu Leibe, der Druck auf die Belagerten wächst.
Für die radikale Gruppierung „Ahrar al-Sham“wurde dieser Druck zu hoch – laut Vertretern der syrischen Opposition stimmten deren Vertreter einem Abzug aus OstGhouta zu, den die Assad-Regierung den Belagerten seit Jahren angeboten hat.
Dahinter steckt Kalkül, das sich für Bashar al-Assad schon oft bewährt hat. Sobald die Lage für die Rebellen aussichtslos wird, haben sie zwei Optionen: den Kampf weiterführen und verlieren, oder auf das Angebot eingehen.
Sie bekommen mitsamt ihren Familien freies Geleit, dürfen sogar Waffen und Munition mitnehmen. Das Ziel ist immer dasselbe: die Provinz Idlib.
Dort ist die letzte nennenswerte Bastion der syrischen Rebellen – doch von einer gemeinsamen Sache kann nicht die Rede sein.
Die zwei einflussreichsten Gruppierungen bekämpfen einander dort seit Monaten, während sich der Belagerungsring der Armee immer enger zieht. Außerdem stehen auch in Idlib russische und syrische Luftangriffe an der Tagesordnung.
Auf der einen Seite steht die radikalislamische „Hayat Tahrir al-Sham“(HTS), auf der anderen Ahrar al-Sham. Andere Gruppen wurden ent- weder zerrieben oder schlossen sich einer der beiden Seiten an.
Ein Abzug der Rebellen aus Ost-Ghouta nach Idlib würde den internen Konflikt noch weiter beschleunigen und beiden Seiten schwere Verluste zufügen, denn was der HTS an Kämpfern fehlt, macht sie durch Erfahrung und Bewaffnung wett.
Sieg für Assad
Für Assad bedeutet der angekündigte Abzug der Rebellen einen großen Sieg – anstatt die eigenen Soldaten in einem blutigen Häuserkampf zu opfern, kann er sich zurücklehnen und abwarten, bis eine der Rebellengruppierungen den Pyrrhussieg davongetragen hat.
Die syrische Armee hat bereits mehr als 70 Prozent des Gebiets eingenommen. Erobert sie Ost-Ghouta, ist nur noch das große Flüchtlingslager Yarmouk im Süden der Stadt in regierungsfeindlicher Hand.
Dort hat der IS vor Jahren die Macht übernommen und in der Nacht auf Dienstag einen Überraschungsangriff auf Assad-Truppen unternommen.