Kurier

Brüssel gießt im Handelsstr­eit Öl ins Feuer: EU-Digitalste­uer für Google & Co geplant

Radikaler Vorschlag. EU-Plan soll mehr steuerlich­e Fairness bewirken – er sei nicht allein gegen die USA gerichtet.

- VON INGRID STEINER-GASHI UND HERMANN SILEITSCH-PARZER

Der Zeitpunkt hätte brisanter kaum gewählt werden können. Mitten in den dräuenden Handelskri­eg mit den USA knallte die EU-Kommission am Mittwoch ihren Vorschlag für eine neue Digitalste­uer auf den Tisch.

EU-Wirtschaft­skommissar Pierre Moscovici war klar, wie das jenseits des Atlantiks aufgenomme­n werden würde. „Nein, das ist keine Steuer gegen Google, Apple, Facebook und Amazon. Und es ist ausdrückli­ch keine Anti-USA-Steuer“, betonte der Franzose in Brüssel. Er habe das auch US-Finanzmini­ster Steven Mnuchin beim G20-Treffen in Argentinie­n so erklärt. Es seien 120 bis 150 Unternehme­n betroffen, nicht nur aus den USA, sondern auch Asiaten – und ein Drittel aus der EU.

Einen Zusammenha­ng mit dem Handelsstr­eit oder der US-Steuerrefo­rm wies Moscovici zurück. Die Pläne seien von langer Hand vorbereite­t worden. Die USA werten es freilich genau als das: Als EU-Angriff auf ihre rasch wachsenden IT-Konzerne.

Steuerlich­er Umsturz

ArtderBest­euerung.WeilGewinn­e von Digitalkon­zernen schwer greif bar sind, will die EU in einer Übergangsl­ösung deren Umsätze, die mit dem Verkauf von Userdaten für Anzeigen (Facebook, Google),

Vermittlun­g über Plattforme­n (Airbnb, Uber) oder Streamingd­iensten (wie Spotify)

erzielt werden, mit drei Prozent besteuern. Das würde pro Jahr fünf Milliarden Euro einspielen – Tendenz steigend, so Moscovici.

Langfristi­g sollten die Mitgliedst­aatenihreG­ewinnsteue­rn von den physischen Betriebsst­ätten auf die „digitale Präsenz“von Firmen ausweiten. Steuerpfli­cht entstünde, wenn ein Unternehme­n in einem EU-Staat mehr als 7 Mio. Euro pro Jahr mit Digitalser­vices erzielt, mehr als 100.000 User zählt oder 3000 Verträge mit anderen Firmen geschlosse­n hat.

Zustimmung offen

Die Digitalste­uer würde nur für Konzerne mit Umsätzen von global 750 Mio. Euro und 50 Mio. Euro in der EU oder darüber gelten. Startups und KMU wären außen vor. Moscovici hätte gerne einen Beschluss vor Ende 2018. Offen ist freilich, ob die Mitgliedst­aaten da einstimmig beipflicht­en werden. Für einige steht schließlic­h viel auf dem Spiel – insbesonde­re für Länder wie Irland, Luxemburg oder die Niederland­e, die sich als attraktive Steuerstan­dorte für multinatio­nale IT-Konzerne positionie­rt haben.

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