Späte Beichte eines Entführers
NÖ. Verdächtiger wurde nach Überfall festgenommen und gestand eine Tat aus dem Jahr 1995
MordunderpresserischeEntführung verjähren nicht.
Dieses Faktum dürfte der 54-jährige Thomas P. nicht ganz bedacht haben, als ihn niederösterreichische Raubermittler nach einem bewaffneten Überfall auf die Postfiliale Breitenfurt im Bezirk Mödling im November vergangenen Jahres einkassiert hatten. P. war bei den Einvernahmen nämlich durchaus gesprächig. Zwar nicht zu dem Postraub, dafür aber zu einem23Jahrezurückliegenden Coup. Weil er meinte, für die Tat nicht mehr belangt werden zu können, legte P. ein umfangreiches Geständnis zu dem wilden Entführungsfall im April 1995 in Wien ab.
Damals nahm er zusammen mit drei Komplizen unter Waffengewalt die Ehefrau des damaligen Direktors der Bank Austria am Wallensteinplatz, Christine Sch., als Geisel. Die Täter erpressten von der Bank eine Million Schilling und ließen die Frau später frei. Sie konnten mit der Beute entkommen.
Die Verdächtigen machten sich mit dem Vermögen ein schönes Leben in der Dominikanischen Republik. Doch als drei Monate später das Geld aus war, landete Thomas P. bereits den nächsten Coup – mit schwer wiegenden Folgen. Er entführte in Wien-Meidling ein Juwelier-Ehepaar. Bei seiner Festnahme schoss er auf den damals 22-jährigen Polizisten Herbert Koch Bericht rechts) und tötete ihn beinahe. Anschließend hechtete er auf seiner Flucht in die Donau und drohte, eine Studentin im Wasser zu ertränken. Erst nach Stunden konnte die Polizei den Entführer überwältigen. Er wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt. „Um ihm auch die voran gegangene Geiselnahmeanzulasten,wardieBeweislage zu dünn“, erklärt Chefinspektor Josef Deutsch von der nö. Raubgruppe. Er selbst „kennt“den Gangster bereits seit den späten 1980erJahren. Der heute 54-Jährige beging Gewaltdelikte wie am Fließband.
Auch die Vorgangsweise beim Postraub in Breitenfurt trägt die Handschrift des Kriminellen. „Es gab eine massive Androhung von Gewalt. Dem Mitarbeiter wurde die Waffe an den Kopf und im Genick angehalten“, erklärt der Leiter des nö. Landeskriminalamtes, Brigadier Omar Haijawi-Pirchner.
Tatortspuren
Doch der Verdächtige wurde unvorsichtig. Zunächst hinterließ er am Tatort wichtige Spuren wie Kabelbinder. Danach blieb er mit dem Fluchtwagen, den er sich von einem 48-jährigen Freund ausgeliehen hatte, auf einem Waldweg stecken. Deshalb ließ er sich aus dem Waldstückabholen,wiedieErmittler rekonstruieren konnten. Die fünfstellige Beute war innerhalb von ein paar Tagen verprasst. P. wartet nun in Wien auf den Prozess wegen erpresserischer Entführung und schweren Raubs.