Staat auf der Kippe: Die Taliban auf dem Vormarsch
Extremisten kontrollieren weite Teile des Landes und terrorisieren die Bevölkerung – die Zukunft sieht düster aus
Sie warteten in der Gasse vor dem Haus in einem Auto, die Waffen durchgeladen. Als Mustafa an einem sonnigen Wintertag vor wenigen Wochen vor die Tür seines Hauses in einem Außenbezirk Herats tritt, knallen sie ihn einfach ab – diesen vierfachen Vater Ende zwanzig, jagen ihm ein Dutzend Kugeln in den Brustkorb. Von Italien hatte er geträumt, von guter Bildung für seine Söhne.
Gerade erst hatte er seine Versuche aufgegeben, legal mit seiner Familie nach Europa kommen zu können. Er hatte sich abgefunden mit dem Risiko eines Lebens in seiner „geliebten Heimat“, wie er es selbst nannte. Ein Risiko, das ihm durchaus bewusst war als jemand, der einmal für die NATO-Truppen im Land gearbeitet hatte.
Informationen über solche Leute werden in Afghanistan unter der Hand gehandelt wie Opium. Und die Taliban zahlen gut für Infos über einen Mann wie Mustafa. Ein einstiger Kollege Mustafas sagt: „Das ist die Welt, in der wir leben – so ist es eben.“
Auch er hat Kinder. Auch er hat es aufgegeben, eine legale Passage für sich und seine Familie ins Ausland zu finden. Auch er weiß: Eines Tages könnten sie mit durchgeladenen Kalaschnikows auch vor seinem Haus warten.
So sieht er aus, der alltägliche Wahnsinn abseits großer Anschläge, die es je nach Ausmaß ab zu noch in die westlichen Medien schaffen.