Fluch und Segen
Die Automatisierung wird nicht nur das Match Bahn gegen Straße verschärfen.
Seit Langem verliert die Bahn europaweit Marktanteile gegenüber der Straße. Der schienengebundene Verkehr sei zu unf lexibel, heißt es meist.
Die geplante Automatisierung des Verkehrs könnte die Weichen neu stellen: Anders als Pkw und Lkw, die überaus exakte, erst mit viel Geld zu erstellende Geodaten neben vielen anderen Informationen brauchen, um ihre Strecke zu finden, ist dies bei den Bahnen dank der Schienen viel einfacher. Tatsächlich fahren weltweit seit vielen Jahren U-Bahnen in diversen Städten automatisch, ohne Lenker an Bord, ebenso Bahnen auf Flughäfen.
Doch sobald es sich um grenzüberschreitenden Verkehr handelt, schlägt die Tradition zu. Allein die diversen Spannungen in den Oberleitungen bringen jeden hoffnungsvollen Bahnfrächter, der etwa Züge von Rotterdam nach Mailand betreiben will, zur Verzweiflung. Und verteuert neue Lokomotiven enorm, wie auch der Vertreter von Bombardier auf dem GSV Forum in Wien über die digitale und automatisierte Bahnzukunft zeigte.
Die Lkw dagegen haben europaweit freie Fahrt. Und mit dem für 2025 erwarteten „Platooning“, dem elektronischen Koppeln mehrerer Lkw auf Autobahnen, wird der Kostenvorteil des Straßengüterverkehrs gegenüber der Schiene nochmals deutlich steigen.
Wenn es der EU nicht bald gelingt, für die Bahn Vorschriften und Technik so zu harmonisieren, dass auch auf Schienen europaweit „freie Fahrt“möglich wird, wird der Lkw weiter enorm zulegen. Und die automatisierte Bahn könnte vielfach auf chinesischer Infrastruktur samt Loks in Europa fahren. Eine große Gefahr auch für Österreichs Bahnindustrie, bislang weltweit fünftgrößter Exporteur.
maria.brandl@kurier.at