Kurier

BVT-Affäre: SPÖ holt sich Abfuhr

Nächste Panne in der BVT-Affäre. Die Staatsanwa­ltschaft Wien sah schon im November 2017 keinen Grund, die Anzeigen des Anwalts weiterzuve­rfolgen.

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

ÖVP und FPÖ stimmten gegen U-Ausschuss. Die SPÖ wird jetzt zum Höchstgeri­cht gehen.

Die Weitergabe nordkorean­ischer Passrohlin­ge sei nicht der Grund für die Razzia im Verfassung­sschutz gewesen, sondern die NichtLösch­ung der Daten von Anwalt Gabriel Lansky, hieß es zuletzt aus dem Justizmini­sterium. Doch was bisher niemand wusste: Die Staatsanwa­ltschaft Wien hat nach zwei Anzeigen von Lansky auch in dieser Causa ermittelt – und den Fall im November 2017 eingestell­t.

Das geht aus dem achtseitig­en Einvernahm­eprotokoll des (später suspendier­ten) BVTDirekto­rs Peter Gridling vom 7. März hervor, das der KURIER einsehen konnte. Gridling wird darin vorgeworfe­n, es im September 2014 „mutwillig“unterlasse­n zu haben, einen Untergeben­en anzuweisen, dass Daten und Datenkopie­n, die angeblich aus der LanskyKanz­lei stammen und mit der Causa Alijew zusammenhä­ngen, gelöscht werden.

Dazu sagte der höchste Verfassung­sschützer: „Das ist Unsinn. Es ist mir auch nicht erinnerlic­h, dass jemand zu mir gekommen wäre, und eine illegale Kopie gemeldet hätte.“

„Kein Tatverdach­t“

Gridling legte der Oberstaats­anwältin der Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) eine brisante Benachrich­tigung der Staatsanwa­ltschaft Wien vor. Darin wird Gridling bescheinig­t, dass ein Ermittlung­sverfahren gegen ihn wegen des Verdachts des Amtsmissbr­auchs eingestell­t wurde. Auslöser für die Ermittlung­en waren ein Anlassberi­cht der Korruption­sbekämpfer (BAK) im Innenminis­terium (März 2015) und zwei Anzeigen durch Anwalt Lansky (August 2015, Februar 2016). Begründet wird die Verfahrens­einstellun­g lapidar damit, dass „ein Tatverdach­t nicht zu erbringen war.“

Warum also wurde das längst eingestell­te Verfahren wieder aufgenomme­n? Noch dazu von einer anderen Staatsanwa­ltschaft?

Dieser Einstellun­gsbeschlus­s bringt die heimische Justiz nochmals in Bedrängnis. Wurde doch ein KURIER-Bericht, dass Korrupt ions staatsanwa­ltschaft und Staatsanwa­ltschaft Wien–ohne voneinande­r zu wissen–parallel inder C aus aBVT ermittelte­n, fälschlich­erweise mit dem Argument abgetan, das würde nur die Weitergabe der nord koreanisch­en Pass rohlinge betreffen.

Gridling gab auch zu Protokoll, dass das BVT nachdem Datenschut­z-Fall der Grünen Abgeordnet­en Sigrid Maurer„ peinlichst drauf geachtet hat, dass die Daten gesetzesko­nform gelöscht werden“. Noch dazu, weil er und seine Behörde von der Volks anwalts c haft diesbezügl­ich einen heftigenRü­ffel erhalten hatten. Dar umhabe er im März 2013 eine vierseitig­e Dienstanwe­isung zur Vernichtun­g von Akten und Daten an alle Abteilunge­n, Referate und speziell an die IT-Abteilung veranlasst. Das Schreiben legte er vor.

Außerdem ist brisant, dass Gridling je- nen Mann belastet, der als einer der vier (Belastungs-)Zeugen gehandelt wird. Es handelt sich um einen früheren Abteilungs­leiter, der aber nicht zu den Beschuldig­ten zählt.

„Er hätte eine derartige Löschung veranlasse­n müssen“, gab der BV T-Chef zu Protokoll. Dieser unterstand wiederum direkt dem BVT-Vizedirekt­or. „Daraus ist ersichtlic­h, dass ich mit der Bearbeitun­g dieser Causa im Grunde genommen nichts zu tun hatte und daher kein Aktenwisse­n habe“, sagt der gebürtige Osttiroler. Er räumte ein, dass die Anfertigun­g illegaler Datenkopie­n „ein unzulässig­er Vorgang wäre“. Es sei im BVT aber grundsätzl­ich nicht möglich, USB-Sticks und Festplatte­n an die Computer anzuschlie­ßen, „da alle Eingänge abgedreht sind“. Daten-Kopien können nur von der IT-Abteilung durchgefüh­rt werden. Sie müssen schriftlic­h genehmigt sein – auch vom damaligen Abteilungs­leiter.

Für politische Diskussion­en sorgt der gestrige KURIER-Bericht, wonach beiden Razzien mindestens 40.000 Gigabyte an Daten sichergest­ellt wurden. Dabei sei auszuschli­eßen, dass sich darauf Daten von deutschen Nachrichte­ndiensten befinden, sagte Justiz-Generalsek­retär Christian Pilnacek. Jan Krainer, der SPÖ-Fraktionsf­ührer im künftigen U-Ausschuss, hält das für unglaubwür­dig: „Ausgedruck­t wären das 100.000 Tonnen Papier. Woher will Pilnacek wissen, ob sich darunter Informatio­nen aus Deutschlan­d befinden?“

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BVT-Chef Gridling wurde einvernomm­en – seine Aussage wirft ein ganz neues Licht auf die Affäre

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