USA sagen Handelskrieg gegen die EU ab
In letzter Minute macht Trump einen Rückzieher. Stattdessen schießt er sich auf China ein
Die US-Strafzölle auf Stahl und Alu hatten China eher kalt gelassen – die treffen andere viel stärker. Dafür packt Präsident Donald Trump jetzt die große Keule aus und steuert schnurstracks auf einen Handelskrieg mit dem großen asiatischen Rivalen zu. Am Donnerstagabend warf er den Chinesen die systematische Verletzung von Patentrechten und Knowhow-Diebstahl vor.
Bei einer Klage vor der Welthandelsorganisation (WTO)sollteesnichtbleiben. Trump wird Importprodukte aus China im Wert von 60 MilliardenDollarmitEinfuhrzöllen belegen. Das treffe Elektronikprodukte und Textilien, wird gemunkelt. 45 USWirtschaftsverbände,25große Handelsketten und Markenartikler – von WalMart bis Nike – liefen schon vorsorglich Sturm. Sie warnen, dass gerade US-Bürger mit geringen Einkommen, also Trumps Kernwähler, darunter leiden würden, wenn Billigwaren aus China teurer werden.
Die US-Regierung blieb dennochhartundverwiesauf Chinas gewaltigen Exportüberschuss, der im Vorjahr 375 Milliarden Dollar ausmachte. Trump forderte Peking auf, diese Schieflage um 100 Milliarden Dollar zu verringern. Heißt im Klartext: Sie sollen mehr US-Waren kaufen und freiwillig auf Exporte verzichten.
„Optische Täuschung“
Schon in der Wahlkampagne hatte Trump gefordert, dass Apples iPhones künftig in den USA gebaut werden sollten. Das klingt logisch, denn Smartphones und Kleinelektronik machen mit 70 Milliarden Dollar den größten Posten der US-Importe aus China aus. In Wahrheit sei das aber eine „optische Täuschung“, erklärt der linke Ökonom Paul Krugman – weder ein Freund Trumps noch des Freihandels. Er nennt als Beispiel Apples iPhone, das den Aufdruck trägt: „Entworfen in Kalifornien, zusammengebaut in China.“Aus Sicht der Handelsstatistiker wurden im Vorjahr tatsächlich 61 Millionen Stück iPhones aus China in die USA geliefert. Deren Herstellungskosten trugen geschätzte 16 Milliarden Dollar zum Defizit der USA bei. In Wahrheit ist das iPhone allerdings kein Chinese, sondern ein echter Weltenbürger:DieTeilestammen aus einer Vielzahl von Ländern (Grafik), der Zusammenbau bei Foxconn in China hat mit geschätzten vier Prozent daran einen Mini-Anteil.
Somit wird klar, dass sich die USA mit Einfuhrzöllen ins eigene Fleisch schneiden würden. Die Herstellung macht nur ein Drittel bis zur Hälfte des Verkaufspreises aus, der größere Teil der Wertschöpfung (etwa für Design, Rechte, Marketing, Vertrieb) fällt in den USA an oder bleibt überhaupt als Gewinn am AppleFirmensitz. Jedes iPhone weniger, das aus China geliefert wird, verringert also den Wohlstand der US-Bürger.
Die auf „Amerika zuerst“fixierte Regierung kümmert das wenig. Finanzminister Steven Mnuchin war geradezu begeistert, als Apple-Chef Tim Cook ankündigte, heuer 55 Milliarden Dollar für Zulieferer in den USA auszugeben. Trump wertet das als direktes Ergebnis seiner Steuerreform und Handelspolitik.
Die Chinesen werden sich für Strafzölle indes wohl dort revanchieren, wo es besonders schmerzt: bei der Landwirtschaft. Die USA exportierten 2017 Sojabohnen um12MilliardenDollarindie Volksrepublik. „Chinas Bedeutung kann gar nicht hoch genug angesetzt werden“, warnte der Chef der Farmer. Brasilien drohe amerikanischen Bauern den Rang abzulaufen. Ein Eigentor für Trump: Acht der zehn USStaaten mit der größten Sojaernte hatten ihn gewählt.
„Wer sich nicht gegen Protektionismus wehrt, verliert seine Glaubwürdigkeit.“Zhang Xiangchen Chinas Botschafter bei der WTO
Obendrein ist Peking erfinderisch beim Schikanieren von Handelspartnern. Es müssten nur einige für USKonzerne wichtige Zulieferer identifiziert werden, schreibt Ex-WährungsfondsÖkonom Olivier Blanchard: „Du schickst den HygieneInspektor hin, der findet eine Ratte und sperrt die Firma einen Monat zu. Fertig.“
Finanzieller Hebel
Ein weiterer mächtiger Hebel: Die Chinesen sitzen auf US-Staatsanleihen im Wert von 1,2 Billionen USDollar. Genug, um Finanzturbulenzen zu verursachen.
Die USA wollen indes restriktiver bei der Visa-Vergabe an Chinesen sein und Investitionen strenger prüfen. Das wäre nicht wahnsinnig neu: Unliebsame Firmenkäufe ließ die US-Regierung bisher auch schon untersagen.
„Wir können das Risiko eines Handelskrieges für unsere Industrie nicht akzeptieren.“John Heisdorffer
Präsident der US-Soja-Farmer