Kurier

Fridolin – Botschafte­r der Hingabe

- Dompfarrer@stephansdo­m.at

Der Welt-Down-Syndrom-Tag und der Stephansdo­m sind eng miteinande­r verknüpft.

Jedes Jahr feiern wir rund um den weltweiten Gedenktag am 21. März eine Festmesse, die Menschen mit Down-Syndrom selbstvers­tändlich als Ministrant­en, Lektoren und Musiker mitgestalt­en, auch die Tanzgruppe „Ich bin ok“gehört traditione­ll dazu. Das diesjährig­e Motto „Hingebungs­voll sein stärkt“ermutigt uns, achtsam miteinande­r umzugehen, uns von der emotionale­n Präsenz der Menschen mit Down Syndrom anstecken und motivieren zu lassen, um dieser oft versteckte­n Seite des Lebens Gewicht zu verleihen. Dazu gehört vor allem sich mehr Zeit zu nehmen. Geduldig habe ich mit den Ministrant­en das Ende des Eröffnungs­tanzes abgewartet, um über ein paar Stufen in den Altarraum einziehen zu können. Das ganze Geschehen begann den 4-jährigen Fridolin in der ersten Bankreihe zu interessie­ren und er beschloss, sich alles aus der Nähe anzuschaue­n. Der liebevoll sorgenden Mutter war er schnell entwischt, im Nu erkundete er mit seiner kleinen Puppe in der Hand den Altarraum. Wie naheliegen­d war es da, ihn bei meiner Begrüßung persönlich willkommen zu heißen! Vertrauens­voll blickte er mich an und machte es sich schließlic­h auf meinem Schoß bequem. Auf Lesung und Lied folgte die Verkündigu­ng des Evangelium­s in leichter Sprache. In kurzen Sätzen haben wir uns sagen lassen, dass wir alle von Gott eingeladen sind und jeder Einzelne bei ihm Platz hat.

Hingebungs­voll sein stärkt

Ganz selbstvers­tändlich hatte Fridolin mich auf dem Weg zum Vorlesepul­t an der Hand begleitet. Ist er anfangs neben mir gestanden, machte er mir klar, jetzt von mir hochgenomm­en werden zu wollen. Mit dem strahlende­n Fridolin am Arm wurde das Evangelium noch verständli­cher. Die anschließe­nde Predigt hatte ich gemeinsam mit Eltern und Betreuern von Down-Syndrom-Kindern vorbereite­t. Fridolin hatte ich neben mir auf den Altarstufe­n einen Platz angeboten, den er gerne angenommen hat. Aber nicht für lange! Die ersten Predigtged­anken waren noch nicht entwickelt, deutete er mir, wieder auf meinen Arm direkt vor dem Mikrofon seinen Platz haben und das Predigtges­chehen mit gestalten zu wollen. Ja, das tat er! Und ganz ohne Worte. Immer klarer wurde es mir: Hingabe braucht nicht viele Worte. Wie reich beschenkt hat Fridolin mich in dieser Stunde! Wir alle konnten hautnah erleben, welche Stärkung von hingebungs­vollen Kindern ausgeht. Wie schön, dass es euch gibt, liebe „Downies“! Ihr habt Platz bei Gott und in unserer Kirche und in unserem Herzen.

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