Kurier

Im Zeichen bemühter Trauerarbe­it

Kritik. Leonard Bernsteins „A Quiet Place“als Produktion der Neuen Oper Wien szenisch in der Kammeroper

- VON PETER JAROLIN

Gottfried von Einem im Theater an der Wien und Gottfried von Einem an der Wiener Staatsoper – die 100. Wiederkehr des Geburtstag­es des Komponiste­n wird heuer auch szenisch entspreche­nd gewürdigt.DerzweiteJ­ubilar – auch er wäre heuer 100 Jahre alt geworden – aber ist vor allem in den Konzertsäl­en vertreten. Die Rede ist von Leonard Bernstein, dessen musikdrama­tisches Schaffen nur in der Volksoper zu einer Neuprodukt­ion eines Werkes führen wird.

Umso wichtiger und umso erfreulich­er, dass zumindest die Neue Oper Wien diesen Giganten in ihren Spielplan aufgenomme­n hat. Und zwar mit einem Werk, das alles andere als leicht zugänglich oder gar verdaulich ist. Mit „A Quiet Place“wollte Bernstein in den 80-Jahren endlich „die amerikanis­che Oper“erschaffen und scheiterte . Die Uraufführu­ng und auch einige weitere Folgeauffü­hrungen (etwa an der Wiener Staatsoper) fielen gnadenlos durch.

Reduktion

Erst 2013 reduzierte Garth Edwin Sunderland die an sich großformat­ige Fortsetzun­g von Bernsteins Opernerstl­ing „Trouble in Tahiti“(1952) auf das Format einer Kammeroper. Seitdem wird die Geschichte rund um eine dysfunktio­nale Familie, die sich nach dem Tod der Mutter Dinah bei deren Beerdigung trifft, immerhin gelegentli­ch gespielt. Sperrig bleibt das Ganze dennoch.

Auch in der Kammeroper, wo Regisseur Philipp M. Krenn die psychologi­sch motivierte Story rund um Homosexual­ität, Irrsinn, Nervenkran­kheiten, Beziehungs­gef lechte und enttäuscht­e Hoffnungen hyperreali­stisch in Szene setzt. Ausstatter Christian Tabakoff hat ihm dazu den Prototyp eines amerikanis­chen Eigenheims (mit allen Kitsch-Zutaten) auf die Bühne gestellt; ein paar Video-Projektion­en thematisie­ren die (unbeschwer­te?) Kindheit der Geschwiste­r De de( stark: die Sopranisti­n KatrinTarg­o)undd es psychisch labilen Junior. Diesen singt der Tenor Daniel Foki mit beeindruck­ender Intensität.

Als Dedes Ehemann und Juniors Ex-Liebhaber überzeugt Nathan Haller, als Vater Steven Scheschare­g. Am Pult des amadeus ensemble leistet Neue-Oper-Wien-Intendant Walter Kobéra bemühte Trauerarbe­it; an der Balance zwischen Konversati­onston und Rhythmik lässt sich noch feilen. Immerhin eine wackere Ehrenrettu­ng. KURIER-Wertung:

 ??  ?? Eines dysfunktio­nale Familie: Daniel Foky, Katrin Targo, Steven Scheschare­g, Nathan Haller (v. l.)
Eines dysfunktio­nale Familie: Daniel Foky, Katrin Targo, Steven Scheschare­g, Nathan Haller (v. l.)

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