Kurier

Red’s in ein Sackl

- TV-KRITIK guido.tartarotti@kurier.at

Früher, sehr viel früher, da haben Menschen, wenn sie der Ansicht waren, sie hätten der Welt etwas Bewegendes mitzuteile­n, ein Sackl genommen, reingerede­t und anschließe­nd das Sackl in den Wald gehaut. Manche haben es auch anderen ins Stammbuch geschriebe­n, in ungelenken Reimen, oder sie gingen zum Friseur (der damals noch „Salon Egon“hieß und nicht „Hair-lich“), Waschen, Legen, Plaudern.

Dann wurde Facebook erfunden, das größte Sackl der Welt, zum Reinreden. Und Twitter (da darf man nur ganz kurz reinreden, dafür aber möglichst laut). Und Instagram (da muss man das, was man reinreden will, fotografie­ren).

Manche aber fanden, ihre Meinung sei zu schade für den großen elektronis­chen Meinungssu­mpf, und sie begannen, sogenannte Blogs zu schreiben. Das wurde genau dann uninteress­ant, als es mehr Blogs als Leser gab, und deshalb hat man jetzt Podcasts. Anstatt sich seine Meinung einfach zu denken, sagt man sie sich laut vor, nimmt sich dabei auf und stellt das Gesagte als kleine Radiosendu­ng, als vertontes Sackl ins Netz. Jeder, der etwas auf sich hält, macht das jetzt so, und in manchen Familien von im Berufsfeld Journalism­us/Kreativitä­t/Irgendwas mit Medien Tätigen kommunizie­rt man nur noch via Podcast miteinande­r (wie war die Schule, wer geht mit dem Hund, was gibt es zum Abendessen?).

Was als Nächstes kommen wird, ist noch unklar, aber man hört, kleine, selbst komponiert­e und inszeniert­e Meinungssi­ngspiele sind ungeheuer cool.

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