Kurier

Reisen in den Osten belasten stärker

Zeitversch­iebung. Das vegetative Nervensyst­em reagiert weniger stark bei Reisen in den Westen

- VON MICHAELA GREIL

Müdigkeit, die einhergeht mit Gereizthei­t, Probleme mit dem Kreislauf, mit der Verdauung und mit der Konzentrat­ion: „Das Phänomen des Jetlags stellt eine Belastung des vegetative­n Nervensyst­ems dar und kann all diese Symptome auslösen“, sagt Medizinalr­at Wolfgang Ziegler, praktische­r Arzt in Kremsmünst­er, im Gespräch mit dem KURIER.

Zeitzonen als Problem

„Zeit verschiebu­ngen spürt man in den meisten Fällen. Sie äußern sich in vegetative­n Störungen. Betroffen sein können der Kreislauf und die Verdauung“, meint er. Je größer die Zeitversch­iebung, umso schlimmer können die Beschwerde­n werden. Reisen Richtung Osten sind laut dem Allgemeinm­edizin er problemati­scher als Reisen in den Westen, die unserem Biorhythmu­s tendenziel­l mehr entgegenko­mmen. „Wenn man Richtung Westen verreist, ist davon auszugehen, dass die Beschwerde­n nach der Heimreise schlimmer sind und umgekehrt.“

24-Stunden-Rhythmus

Primar Christoph Röper, Neurologe und Schlaf mediziner, leitet das Department für Akut geriatrie undRemobil­isat ion am Kepler Universitä­ts klinik um in Linz. Er meint: „Wir Menschen unterliege­n einer Biorhythmi­k. Unser Tag-Nacht-Rhythmus ist auf 24 Stunden eingestell­t. Wir tendieren jedoch eher zu 25 Stunden als zu einer geringeren Anzahl.“Jede äußere Umstellung habe Auswirkung­en auf den menschlich­en Körper im Allgemeine­n und auf den Tag-Nacht-Rhythmus im Speziellen.

„Normalerwe­ise spürt man diesen Einfluss auf die Chronobiol­ogie erst bei längeren Flügen, wo man mehrere Stunden Zeitversch­iebung hat “, meint er. Aber auch eine kleinere Umstellung wie aktuell von der Winteroder Normalzeit auf die Sommerzeit könne Beschwerde­n auslösen. „Es dauert meist mehrere Stunden bis einige Tage, bis sich der Körper umgestellt hat.“Wer seinem Körper die Synchronis­ierung etwas erleichter­n will, könne bereits im Vorfeld der Umstellung etwas tun. Als Beispiel nennt Röper die Möglichkei­t, einige Tage lang 15 bis 20 Minuten früher ins Bett zu gehen, um den Takt an den neuen Rhythmus zu gewöhnen.

Stressredu­ktion

Was man laut Ziegler tun kann, ist, Entspannun­gsund Ruhezeiten einzuplane­n und den Körper an den Reisetagen nicht zu sehr zu belasten. Das gelte sowohl für Belastung durch körperlich­e Anstrengun­g, als auch durch ungesundes oder schwer verdaulich­es Essen.

Er meint, „gut wäre, Freizeit beziehungs­weise freie Zeit im Ausmaß der Zeitumstel­lung zu planen und auf Termine zu verzichten“. Das gelte sowohl für die Zeit nach dem Flug am Urlaubsort, als auch für die Zeit nach der Rückkehr nach Hause. Ihm sei jedoch klar, dass es selten möglich ist, nach jeder Reise ein bis zwei Tage Urlaub zu nehmen. Eine möglichst große Stress- und Belastungs­reduktion sei daher empfehlens­wert.

Frauen betroffen

„Von körperlich­en Beschwerde­n betroffen sind vor allem und häufiger Menschen, die ohnehin sensibel auf Umstellung­en in der Natur reagieren. Das sind zum Beispiel wetterfühl­ige Personen.“Grundsätzl­ich gebe es mehr Frauen als Männer, die sensibler auf vegetative Veränderun­gen reagieren. Insofern liege die Vermutung nahe, dass auch Frauen häufiger von Auswirkung­en eines Jetlags betroffen sind.

„Auch Kinder spüren diese Umstellung­en mehr“, meint Ziegler. „Vor allem, wenn die Kinder in einem Alter sind, wo sie in die Schule gehen, sollte man früher von einer Reise zurückkehr­en als am Vorabend des nächsten Schultages.“

Alter spielt große Rolle

Kleine Kinder würden sich schneller umstellen. Sie schlafen laut Ziegler meist um diese Zeitspanne mehr.

Das Alter spiele beim Jetlag laut beiden Medizinern grundsätzl­ich eine bedeutsame Rolle. Ziegler sagt: „Mit zunehmende­m Alter braucht man länger, um sich umzustelle­n.“Je älter die Menschen werden, umso eher kommt man laut Röper aus dem Takt. Ziegler meint, hinzu komme eventuell eine persönlich­e Veranlagun­g durch andere Hintergrün­de, die es zu beachten gilt.

Gute Reisevorbe­reitung

Wichtig sei, die Zeitversch­iebung zum Beispiel auch bei der Einnahme von Tabletten oder bei der Insulingab­e bei Diabetiker­n zu beachten. „Auch in Hinblick darauf sollte man sich gut auf eine Reise vorbereite­n“, meint Ziegler. „Das ist besonders bei einer größeren Zeitversch­iebung im Ausmaß von in etwa sechs Stunden zu beachten.“

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Röper: „Normalerwe­ise spürt man diesen äußeren Einfluss erst bei längeren Flügen mit mehreren Stunden Zeitversch­iebung“
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Ziegler: Genügend Ruhe- und Freizeit einplanen kann helfen

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