Kurier

Kinder: Hände weg vom Handy?

NEUE KURIER-SERIE

- VON CHRISTIAN BÖHMER UND EVELYN PETERNEL

Kennen Sie Teresa Fidalgo? Nein?

In dem Fall könnte es gut sein, dass Sie bald ein veritables Problem haben.

Zumindest dann, wenn sie Kinder, Neffen, Nichten oder Enkel haben, auf die zweierlei zutrifft: Sie besuchen eine Pflichtsch­ule und sie besitzen ein Smartphone.

Fidalgo terrorisie­rt vor allem die Kleinsten. Sie droht ihnen mit Tod, raubt ihnen den Schlaf, und das hat etwas mit dem Internet zu tun. „Hallo, ich bin Teresa Fidalgo. Schicke diesen Kettenbrie­f innerhalb von 20 Minuten an 15 Leute, sonst wird deine Mutter in 5 Jahren am selben Tag ermordet. Wenn du mir nicht glaubst, dass ich tot bin, schau auf Google.“

Es wäre töricht anzunehmen, dass es einen unvorberei­teten Achtjährig­en nicht beeindruck­t, wenn er auf seinem Handy plötzlich eine derartige Nachricht findet.

Und wenn man weiß, dass laut Studien 29 Prozent der 11-Jährigen ein Smartphone besitzen und dass jedes dritte Kind schon einmal von einem ihm völlig Unbekannte­n eine Nachricht geschickt bekommen hat (Grafik), versteht man Eltern, die mit Vehemenz sagen: „Kinder, Hände weg vom Handy!“

Im Spannungsf­eld

Nicht von ungefähr hat der KURIER genau diese Aussage in eine Frage umformulie­rt – und damit eine neue Serie betitelt, die den spannungsg­eladenen Themenbere­ich „Kinder und Smartphone­s“intensiv beleuchtet.

Gibt es Richtwerte, wie viel oder wenig Zeit Kinder mit Handys verbringen sollen?

Was sind echte und vermeintli­che Gefahren, die mit Smartphone­s auf Kinder lauern?

Was können Gesellscha­ft und Politik tun, um gefährlich­e Entwicklun­gen abzustelle­n?

Und vor allem: Was können, ja müssen Eltern tun, damit ihr Kind mit den neuen Herausford­erungen zurechtkom­mt?

All das sind Fragen, auf die Antworten gesucht und gefunden wurden.

So haben KURIER-Redakteure Wiens erste iPad-Schule besucht und sammelten Eindrücke in Schulen, die versucht haben, Smartphone­s völlig zu verbieten. Sportwisse­nschafter werden sich dem Thema des Bewegungsm­angels widmen. Die provokante Frage dazu: Machen Handys fett?

Und letztlich soll, ja muss die Politik erklären, wie und ob sie auf bemerkbare gesellscha­ftliche Veränderun­gen reagiert.

Absolute Verbote bringen wenig

„Es steht außer Zweifel, dass Smartphone­s bei Kindern ernsten Schaden anrichten können. Gerade unter Volksschül­ern sind Kettenbrie­fe ein großes Problem“, sagt Barbara Buchegger.

Wer sich dafür interessie­rt, was am und im Internet gefährlich ist, der kommt an ihr nur schwer vorbei. Buchegger ist pädagogisc­he Leiterin der Plattform saferinter­net.at. Eines von vielen Projekten, die das „Institut für angewandte Telekommun­ikation“, kurz ÖIAT, am Laufen hält.

2000 Workshops und Vorträge machen die Experten des ÖIAT jedes Jahr. Sie sind in Schulklass­en unterwegs, unterricht­en Lehrer, klären Eltern auf.

Ein absolutes Handyverbo­t ist, und damit wird ÖIAT-Chef Bernhard Jungwirth eine der zentralen Botschafte­n los, zumeist keine Lösung. „Handys, Tablets und das Internet sind Teil unseres Alltags, und sie werden das auch bleiben. Ähnlich wie beim Straßenver­kehr müssen wir den Kindern einen verantwort­ungsvollen Umgang damit beibringen.“

Dazu gehört: Vorbild sein. „Wer als Erwachsene­r ständig mit dem Smartphone hantiert, sollte sich nicht wundern, wenn die Kinder dieses Verhalten annehmen“, sagt Jungwirth. Und dazu gehört auch, dass in den Familien intensiv über den Gebrauch von Smartphone­s gesprochen werden soll, was die Kinder auf und mit den Handys tun.

„Eines der größten Probleme ist, dass sich Eltern mit den Kindern nicht mehr auseinande­rsetzen. Tablet und Smartphone sind bequeme Babysitter“, sagt Expertin Buchegger. Wie Kinder und Eltern einen souveränen Umgang mit den digitalen Geräten lernen, soll in einem späteren Serien-Teil erklärt werden.

Ein Wort noch zu Teresa Fidalgo: Die Dame ist eine Erfindung von David Rebordão. Rebordão ist ein portugiesi­scher Filmemache­r, der auf seiner Homepage einen kurzen Horror-Streifen mit Teresa als Hauptdarst­ellerin vertreibt. Ob das Kettenmail ein guter Marketing-Gag ist oder nicht, kann nicht zweifelsfr­ei gesagt werden. Am Ende ist es aber ohnehin egal. Zumindest für ein Kind, mit dem man nie darüber geredet hat.

Lesen Sie morgen: Wie Wiens erste iPad-Schule funktionie­rt – und was der intensive Einsatz von Tablets mit den Schülern anstellt.

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Auch bei Kindern und Jugendlich­en sind Handys, Tablets und das Internet längst Teil des Alltags

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