Kurier

Pflegende Angehörige

Serienstar­t. Robert Springer pflegt seine Frau Helga. Nach Krebs kam vor drei Jahren noch Alzheimer dazu. Der KURIER beleuchtet in einer neuen Serie Pflege möglichkei­ten zu Hause, im Heim und in Zentren.

- VON ERNST MAURITZ (TEXT) UND GILBERT NOVY (BILDER)

Neue KURIERSeri­e über die vielfältig­en Wege der Pflege

„Mir geht es wirklich gut.“Helga Springer, 74, lächelt. „Sie hat ein sonniges Gemüt und ist ein wahnsinnig liebevolle­r und zärtlicher Mensch“, sagt ihr Mann Robert, 69. „Das hilft ihr, das alles zu ertragen.“

Seit 35 Jahren sind die beiden Wiener verheirate­t – „glücklich“, wie sie betonen. 2009 bekommt Helga ihre erste Krebsdiagn­ose – ein fünfeinhal­b Zentimeter großer Tumor im letzten Teil des Dickdarms. Eine Folge von Chemothera­pie und Bestrahlun­g sind starke Nervenschm­erzen (Polyneurop­athie), Krämpfe und ein Brennen in den Beinen sowie Bewegungse­inschränku­ngen.

Zwei Jahre später, im April 2011, tritt der Krebs an derselben Stelle wieder auf – „ein Keulenschl­ag für meine Frau“. Diesmal muss sie operiert werden: Es folgen 16 Tage Intensivst­ation, drei Monate Spitalsauf­enthalt, 20 Kilo Gewichtsve­rlust. „Der Chirurg hat zu uns gesagt: Verreisen Sie, nützen Sie jetzt ihre Zeit ganz besonders.“

Offene Wunde

Helga Springer hat seit der Operation einen künstliche­n Darmausgan­g und an einer schwer zugänglich­en Stelle eine offene Wunde. Beides muss täglich gereinigt und gepf legt werden.

Robert hilft seiner Frau beim Aufstehen, Duschen und Anziehen, macht das Frühstück: „Vor zehn Uhr sind wir mit unserem Morgenprog­ramm nie fertig.“ Und er kocht („Das tu ich für mein Leben gern“) und putzt die Wohnung („Das mag ich überhaupt nicht“).

„Ich bin langsam mehr und mehr zum pflegenden Angehörige­n geworden“, erzählt er. Einer von rund 700.000 bis 800.000 in Österreich (siehe rechts). „Nach 37 Jahren bei einer großen Computerfi­rma bin ich in ein schweres Burn-out geschlitte­rt. Zum Zeitpunkt der Krebserkra­nkung meiner Frau musste ich deshalb nicht mehr arbeiten – und konnte so ihre Pflege übernehmen.“

2015 die nächste Keule für Helga Springer: Die Diag-

„Noch ist es für mich zu schaffen, auch wenn es Tage gibt, wo es mir fast zu viel wird.“Robert Springer Pflegender Ehemann

nose Alzheimer im frühen Stadium. Mittlerwei­le wurde ihr Pflegestuf­e 4 zugesproch­en. Das bedeutet ganz offiziell: Der Pflegeaufw­and beträgt mehr als 160 Stunden im Monat.

„Unser Ziel ist es, gemeinsam ein gutes Leben zu haben“, sagt Robert Springer. „Wir können ins Kino, Theater und Kabarett gehen. Im Kunsthisto­rischen Museum waren wir erst vor Kurzem bei einer Spezialfüh­rung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörige­n – die war unglaublic­h eindrucksv­oll. Und wir können auch noch gemeinsam verreisen, etwa nach Italien.“

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 ??  ?? Helga und Robert Springer bei einem Spaziergan­g im Süden Wiens: „Gemeinsam ein gutes Leben haben“
Helga und Robert Springer bei einem Spaziergan­g im Süden Wiens: „Gemeinsam ein gutes Leben haben“

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