12-Stunden-Tag: Zwei von drei Befragten bezweifeln Freiwilligkeit
KURIER-OGM-Umfrage. Kommende Woche will die Regierung die Arbeitszeit flexibilisieren. Die Mehrheit der Beschäftigten wäre mit der derzeitigen Regelung zufrieden.
„Es bleibt bei diesen acht Stunden, lediglich die Flexibilität wird erhöht.“(ÖVPChef und Kanzler Sebastian Kurz) „Niemand kann gezwungen werden, länger arbeiten zu müssen.“(FPÖChef und Vizekanzler HeinzChristian Strache) Allein: Alle mantrahaften Beteuerungen der Bundesregierung wie jene von ÖVP-Klubchef August Wöginger – „Wir geben eine Freiwilligkeitsgarantie ab“– helfen scheint’s nichts. 65 Prozent der vom Meinungsforschungsinstitut OGM für den KURIER Befragten glauben nicht daran. 33 Prozent gehen davon aus, dass es die Freiwilligkeit bei einer elften und zwölften Arbeitsstunde nicht geben wird – nur zehn Prozent sind vom Gegenteil überzeugt (siehe Grafik). Während das Misstrauen unter den SPÖ-Wählern mit 89 Prozent wenig überrascht, ist das Ergebnis im FPÖ-Lager bemerkenswert. 33 Prozent der freiheitlichen Wähler glauben nicht an die Freiwilligkeit und damit an mögliche Konsequenzen bei Nicht-Leistung der elften und zwölften Stunde; bei den ÖVP-Wählern sind es 19Prozent.Gingeesnachden Befragten quer durch alle Parteien, so müsste sich an der derzeitigen Arbeitszeitregelung nichts ändern. 89 Prozent sind sehr, beziehungsweise eher zufrieden. Lediglich elf Prozent sind wenig bis nicht zufrieden. Doch das heißt im Umkehrschluss nicht, dass die Österreicher die Reform der Regierung a priori ablehnen.
„Glaubt man Gewerkschaft und Arbeiterkammer, dann steht die Republik – in Anlehnung an den Sager von ÖGB-Boss Wolfgang Katzian („Wir reichen ihnen schon die Hand, aber wenn sie sie nicht annehmen, kann sie schnell zur Faust werden.“) – mit geballter Faust da. Das stimmt aber nicht“, sagt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Zwar spricht sich laut KURIER-Umfrage eine knappe Mehrheit (49 Prozent)
Wolfgang Bachmayer OGM-Chef Meinungsforscher
gegendieArbeitszeitflexibilisierung aus – ebenso viele gehen allerdings auch davon aus, dass der traditionelle 8-Stunden-Tag ob der neuen Arbeitswelten bald der Vergangenheit angehören wird. 45 Prozent lehnen Protestmaßnahmen in Betrieben und Demonstrationen wie die gestrige in Wien ab. 24 Prozent würden an Demos, 13 Prozent an Protestmaßnahmen in Betrieben selbst teilnehmen.
„Wenn man den Arbeitnehmern beweist, dass die elfte und zwölfte Stunde in punkto Freiwilligkeit und Entlohnung klar und glaubwürdig geregelt wird, dann wird es ein hohes Maß an Akzeptanz in der Bevölkerung geben“, sagt Meinungsforscher Bachmayer und verweist in dem Zusammenhang auf die weiteren Ergebnisse der KURIER-OGM-Umfrage. 63 Prozent der über 800 Befragten geben an, ihre Überstunden derzeit freiwillig zu leisten, 27 Prozent tun dies „auf Anordnung“. Die Hälfte all jener mit Überstunden nimmt dafür Zeitausgleich.
„Glaubt man Gewerkschaft und Arbeiterkammer, steht die Republik mit geballter Faust da. Das stimmt nicht.“