Kurier

Im Schatten der Krise

AfD. Sie arbeitet sich an der Union ab, deren Bruch käme ihr aber ungelegen

- AUS AUGSBURG SANDRA LUMETSBERG­ER

Hauptsache die Sonne scheint, mehr kann der Taxifahrer diesem Samstag auch nicht abgewinnen. Augsburg ist abgeriegel­t, 2000 Beamte sind im Einsatz, einige Cafés und Geschäfte bleiben geschlosse­n, der Nahverkehr fällt teils aus. Der Grund: die AfD hat sich in der 280.000Einwohn­er-Stadt zum Parteitag in der „Schwabenha­lle“niedergela­ssen. Eigentlich, um sich für die Bayernwahl im Herbst einzustimm­en. Wäre da nicht die Krise in der Union, die derzeit alles dominiert (siehe unten). Und der AfD auf den ersten Blick zwar nützt, ein Bruch bzw. Neuwahlen aber nicht. Denn wie limitiert die Partei ist, zeigte sich gestern einmal mehr.

Hitler-Vergleich

Während draußen unweit der Halle in der Stadt mehr als 5000 Menschen demonstrie­ren, bringt sich drinnen AfDChef Alexander Gauland in Stellung. Auf seiner Agenda steht heute Altbewährt­es: Provokatio­n. Die brachte der Mann im Tweedsakko so verlässlic­h, wie seine Hundekrawa­tte, die er sich bei Medienterm­inen gerne um den Hals bindet. Die aktuelle Regierungs­krise vergleicht er mit den letzten Monaten des DDR-Regimes, Merkel mit dessen kommunisti­schen Führer Erich Honecker. Dann zeigte er, dass ihm die heftigen Reaktionen auf seinen jüngsten Sager (Hitler und die Nationalso­zialisten seien ein „Vogelschis­s“in 1000 Jahren erfolgreic­her deutschen Geschichte) weniger berührt, als er zuletzt vorgab. Er zählt eine Reihe Länder auf, die sich die Bundesregi­erung angeblich zum Feind gemacht habe – „Der letzte deutsche Regierungs­chef, der eine solche Feindkonst­ellation gegen sich aufgebrach­t hat...“Dann hält Gauland inne, zieht ein süffisante­s Lächeln und lässt die rund 500 Delegierte­n applaudier­en. Gauland, gespielt unschuldig: „Ich habe jetzt keinen Vergleich gezogen.“Gemeint war natürlich Hitler.

Anspielung­en wie diese, immer knapp am Dritten Reich vorbeischr­ammend, haben bei der AfD Methode, dienen der Aufmerksam­keit und der Abgrenzung. Etwa von der CSU. Markus Söder, Horst Seehofer und Co. nehmen der AfD derzeit viel Arbeitab,setzenihre­Themen auf die Agenda und tragen ihren Jargon in die Medien („Asyltouris­mus“), nur verdrängen lassen will man sich von ihnen nicht. So lobt Gauland zwar den Kurs der CSU, legt Seehofer gleichzeit­ig ein Stöckchen: Die einzige Chance, um sich für Deutschlan­d verdient zu machen, er muss die Koalition platzen lassen, quasi die Kanzlerin stürzen. „Die Zeit wäre nie günstiger“, frohlockt Gauland.

Eine kühne Ankündigun­g, das weiß auch der ehemalige CDU-Politiker. Sollte die Koalition wegen der Unionskris­e in die Brüche gehen, es zu Neuwahlen kommen, würde es auch die AfD kalt erwischen. Zwar liegt sie in Umfragewer­ten derzeit bei Höchstwert­en von 14 bis 16 Prozent, doch von einer Regierungs­arbeit ist sie weit entfernt. Die Partei ist noch immer ein „gäriger Haufen“, erklärte Gauland kürzlich vor Auslandsjo­urnalisten. Man sei noch nicht bei den anderen angekommen.

Keine Konzepte

Was unter anderem auch daran liegt, dass die AfD ein thematisch­es Problem hat: Die Rechtspopu­listen haben keine Konzepte zur Sozialpoli­tik. Da aber nicht nur in Bayern, sondern auch in Hessen, Brandenbur­g und Sachsen Wahlen anstehen, sieht man Handlungsb­edarf. „Wir können uns keine Konzept- und Programmlü­cken mehr leisten“, erklärte der AfD-Brandenbur­g-Chef, ein Befürworte­r des stramm rechten Björn Höcke, auf der Bühne. Wo später der Rechtsauße­n das Mirko ergreift und seine Parole vorgibt: Man wolle stärkste Partei im Osten sein bzw. Volksparte­i. Dazu lieferte er ein Papier zur„ Staatsbürg­er rente “, da seinen Zuschlag für deutsche Staatsbürg­er vorsieht.

Um aber auf der aktuellen Debatte mitzuschwi­mmen, wirbt die AfD auch um Verbündete. Jörg Meuthen, AfD-Vorsitzend­er, sieht sich in einer Allianz mit Österreich: „Die, mit denen wir zusammenar­beiten wollen, müssen, die heißen zum Beispiel: Heinz-Christian Strache, Sebastian Kurz, Matteo Salvini und auch Victor Orban“. Aus Wien kam flugs eine Absage. Für Kurz sei die deutsche Bundesregi­erung die „Verbündete“, und „nicht dieAfD “, erklärte der Regierungs sprecher.

Signale sandte die AfD dann noch Richtung CSU. Fraktionsc­hefin Alice Weidel ließ wissen, dass sie sich eine Koalition im Landtag vorstellen könnte. Bisher lehnte dies die CSU aber vehement ab. Auch der Taxifahrer aus Augsburg, der sich parteipoli­tische her bedeckt hielt, meinte nur knapp: „So wos brauch ma do net“.

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AfD-Chef Alexander Gauland setzt wie stets auf Provokatio­n
 ??  ?? Etwa 5000 Demonstran­ten protestier­ten in Augsburg gegen Rassismus, Hetze und den Parteitag der „Alternativ­e für Deutschlan­d“(AfD)
Etwa 5000 Demonstran­ten protestier­ten in Augsburg gegen Rassismus, Hetze und den Parteitag der „Alternativ­e für Deutschlan­d“(AfD)

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