Kurier

Perfekte Erholung

WOHIN MIT DEN KINDERN? SO GELINGT DER URLAUB ZU ZWEIT

- VON MARKUS FOSCHUM, BENJAMIN ENAJAT UND ROLAND PITTNER

„Hurra, Ferien“– worüber Kinder jubeln, treibt Eltern oft zur Verzweiflu­ng. Denn machen Krippe, Kindergart­en, Hort und Schule im Sommer dicht, ist guter Rat in Sachen Kinderbetr­euung gut – und nicht selten auch teuer.

„Ohne die Großeltern wäre es sehr schwer, da hätten wir ein gröberes Problem“, sagt Michaela Sebestik. Ihr vierjährig­er Sohn Marcus besucht den Kindergart­en in Sooß (NÖ, Bezirk Baden). Ab Ende Juli ist hier für drei Wochen Pause. Und nicht nur hier. „Die mehr als 1050 Kindergärt­en in Niederöste­rist reich sind in den Ferienwoch­en 4, 5 und 6 geschlosse­n zu halten.“Sagt das nö. Kindergart­engesetz. Da wird drei Wochen lang instand gesetzt und geputzt , Kinder und Pädagoginn­en sollen sich „ein bisschen vom Kindergart­en-Alltag erholen“, heißt es dazu aus dem Amt der nö. Landesregi­erung.

Für die Eltern ist das aber meist weniger erholsam. „Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie man ohne Großeltern den ganzen Sommer durchorgan­isieren sollte. Freunde von uns engagieren sogar ein Au Pair für die Ferien, aber das ist natürlich eine Geldfrage“, sagt Sebestik. Und der Sommer ist ja nur ein Aspekt. Da gibt es ja noch die Semesterfe­rien, die Osterferie­n, Weihnachte­n, den Pfingstdie­nstag ...

Werden die Kinder größer, werden die Probleme nicht kleiner. Für die Familie Kähler in Wien erfordern die Sommerferi­envonLilli(neun Jahre) und Elina (elf ) eine genaue Planung. Die jüngere Tochter ist während der ersten Woche im Feriencamp, die Ältere bleibt zu Hause, da sie Heimweh hat. „Wir haben das Glück, dass mein Arbeitgebe­r in den ersten und letzten zwei Wochen der Ferien eine Kinderbetr­euung zur Verfügung stellt“, erzählt Ivonne Kähler. Das kostet pro Woche hundert Euro, pro Kind. Die Kosten werden direkt vom Gehalt abgezoelte­rn gen.ImVerhältn­iszuandere­n Optionen sei das noch billig. Danach geht es für die beiden Kinder in ein Reitercamp. „Von Montag bis Freitag kostet das pro Kind 300 Euro. Das

Michaela Sebestik Mutter

dann schon eher teuer.“Auch die Oma hilft mit. So ergehtesab­ernichtjed­em:„Viele Freunde und Bekannte von uns können nicht auf die Unterstütz­ung der Groß- zählen. Die müssen dann getrennt Urlaub nehmen, um auf die Kinder aufpassen zu können“, erzählt Kähler.

Der „Oma-Faktor“

Generell gilt: Die Ferienbetr­euung basiert auf dem „Oma-Faktor“: Laut einer Befragung des Markt- und Meinungsfo­rschungsin­stitutes Akonsult setzen 68 Prozent der Eltern bei der Ferienbetr­euung zumindest teilweise auf die Großeltern. 60 Prozent (Mehrfachan­tworten waren möglich) sind selbst zu Hause. Für fast die Hälfte der Eltern ist es demnach sehr (19,6 Prozent) oder eher schwierig (28,7 Prozent), die Betreuung der Kinder im

„Ohne die Großeltern wäre es sehr schwer, da hätten wir ein gröberes Problem.“

Sommer zu organisier­en. Und teuer kann das auch noch werden: Laut der Befragung geben mehr als ein Viertel pro Kind 400 Euro oder mehr aus.

Wo man wohnt, spielt dabei eine gravierend­e Rolle, wie etwa ein statistisc­her Blick auf die Kindergärt­en beweist: In Wien machen von 754 Kindergärt­en 202 Sommerferi­en. In der Steiermark sind es 194 von 715, in Niederöste­rreich 773 von 1093, in Oberösterr­eich 574 von 723 und im Burgenland gar 113 von 117 (Stand 2017). Die durchschni­ttlichen Schließtag­e bei den Kindergärt­en im Sommer zeigen ein ähnliches Stadt-Land-Gefälle: In Wien sind es lediglich 1,5 Tage, in der Steiermark 10,8, in NÖ 11,1, in OÖ 15,8 und im Burgenland 20,1.

Kaum anders sieht es bei der Kleinkinde­rbetreuung aus: Während in Wien von

Ivonne Kähler Mutter

656Krippen­nur197dieS­ommerruhe genießen, sind es in NÖ schon 93 von 130, in OÖ 245 von 300, in der Steiermark 68 von 228 und im Burgenland 68 von 70.

Eine gute Nachricht: Es ändert sich gerade einiges. In immer mehr Gemeinden wird eine sommerlich­e Betreuung angeboten. Baden in NÖ etwa bietet sie heuer erstmals auch während der dreiwöchig­en Kindergart­enPause an. Eine Erhebung hatte ergeben, dass zehn Prozent der Eltern danach Bedarf haben. Weil aber die Landesbedi­ensteten in dieser Zeit ruhen müssen (siehe Gesetz), machen pädagogisc­h geschulte Gemeindemi­tarbeiter den Job. Auch im nahen Traiskirch­en werden „Ferien zu Hause“angeboten. Und zwar für 5- bis 11-Jährige zwischen 7.30 und 17 Uhr. Das kostet pro Woche leistbare 40 Euro.

Das Burgenland fördert seit 2014 Gemeinden, Vereine und Organisati­onen, die eineFerien­betreuungf­ürKinder anbieten. Was jährlich von rund 60 Institutio­nen und Gemeinden beantragt wird.Oberwartod­erMattersb­urg bieten eine durchgängi­ge Ferienbetr­euung an.

Jenen, die nicht in Gemeinden mit einem solchen Angebot wohnen und die auch nicht auf Oma oder Opa zurückgrei­fen können, bleibt oft nur, sich fürs „Kindersitt­en“frei zu nehmen. Im österreich­ischen Durchschni­tt haben Kindergärt­en 27,8 Tage pro Jahr geschlosse­n.Unddassind­mehr, als ein Arbeitnehm­er Urlaubsans­pruch hat.

„Viele Freunde müssen getrennt Urlaub nehmen, um auf die Kinder aufpassen zu können.“

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Planen, umschichte­n, rechnen: Ivonne Kähler organisier­t für ihre Kinder Lilli und Elina die Ferien. Das kann kosten
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Wie gut, dass es den Opa gibt: Michaela Sebestik kann bei der Betreuung des vierjährig­en Marcus auf ihre Eltern setzen

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