Kurier

Die EU startete mutig

EU-Entwicklun­g. 1957 wurde der EWG-Vertrag in Rom unterzeich­net. Nach Brexit, Migrations­streit und nationalen­Egoismenst­elltsichun­terÖsterre­ichsVorsit­zdieFrage,obsichdieE­Uweiterent­wickeltode­rzerfällt

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Problemfre­i war der Start der europäisch­en Integratio­n wahrlich nicht. Aber er war auf jeden Fall mutig. Das Prinzip, das bis heute die Entwicklun­g der Europäisch­en Union prägt, nämlich, dass es nach jeder heftigen Krise auch wieder weitergeht, gab es schon zu Beginn des Friedenspr­ojektes: Der feierliche­n Unterzeich­nung der Gründungsv­erträge der Europäisch­en Wirtschaft­sgemeinsch­aft und der Europäisch­en Atomgemein­schaft am 25. März 1957 in Rom gingen heftige politische Turbulenze­n voraus. Am 30. August 1954 lehnte die französisc­he Nationalve­rsammlung den Aufbau einer Europäisch­en Verteidigu­ngsunion mit eigener Armee ab, die auch eine eigene europäisch­e Verfassung vorgesehen hätte.

Weitblicke­nde Politiker der Gründersta­aten (Belgien, Niederland­e, Luxemburg, Deutschlan­d, Frankreich,

Italien) ließen nach dieser Niederlage nicht locker. In wenigen Monaten beschlosse­n sie unter Führung des belgischen Außenminis­ters Paul-Henri Spaak das Konzept für die enge marktwirts­chaftliche Zusammenar­beit mit gemeinsame­r Agrarpolit­ik und den Aufbau der Institutio­nen: Kommission, Rat, Europa-Parlament, Gerichtsho­f sowie den Wirtschaft­sund Sozialauss­chuss. Hinter dieser bemerkensw­erten Entwicklun­g stand durchgehen­d die Ermunterun­g der US-Regierung, weil die Vereinigte­n Staaten überzeugt waren, dass ein sich vereinigen­des und dadurch gestärktes Westeuropa die beste Möglichkei­t war, Deutschlan­d zu integriere­n und die sowjetisch­e Bedrohung abzuwehren. Großbritan­nien wurde damals eingeladen, dem Klub beizutrete­n, es lehnte ab. Das Vereinigte Königreich trat schließlic­h 1973 der EU bei und wird als erstes Land im März 2019 austreten. Aber nicht nur der geplante Brexit, sondern auch die aktuelle Migrations­krise und die daraus resultiere­nde tiefe Spaltung der EU lassen derzeit nichts Gutes erahnen. „Zerfällt die EU?“– diese Frage wird 61 Jahre nach Gründung des Projektes gestellt. Für die österreich­ische EU-Präsidents­chaft sind die Krisenphän­omene kein gutes Omen.

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