Bauvisionen der Vergangenheit
Die Albertina zeigt Meisterwerke der Architekturzeichnung.
„Diesmal zeigen wir mehr das Bildliche der Architektur. Dass Schnittzeichnungen eine bestimmte Art der Ästhetik hervorrufen können “, sagt Christian Benedik,Ku rat order Ausstellung „Meister zeichnungen der Architektur aus der Alb er tina “.
„Jedes Blatt hat eine besondere Geschichte, eine Besonderheit. Ein Blatt ist nicht nur schön, es hat auch eine Geschichte im Sinne von Historie, Bauherr und Architekt.“
Es geht um den kompositorischen wie naturalistischen Blick auf Bauwerke, Ensembles und Städte. Die rund 60 Exponate stammen aus der 40.000 Werke umfassenden Architektur sammlung der Albertina: Skizzen, Studien und Entwürfeu.a. von Franc esc oBorro mini, Andrea Pozzo, Canaletto, Salomon Kleiner, Franz Alt, Otto Wagner, Adolf Loos, Josef Frank,Clemens Holz meister, Hans Hollein und Zaha Hadid.
Was ist das Besondere an Herr schafts architektur im sakralen und im weltlichen Bereich? Übergröße und Prunk fassaden signalisieren Macht. Beim Schloss ebenso wie bei der Kathedrale.
Oder Thema Gärten: Wer hat sie gebaut? Wie haben sich durch die gesellschaftlichen Veränderungen auch die Gärten verändert? Der Bogen ist gespannt von Italien und der Blüte der Gartenkunst in der Renaissance über Frankreich, als im Absolutismus der barocke Garten streng geometrisch in Haupt- und Nebenachsen gegliedert wird, bis zum Siegeszug des Englischen Land schafts gartens.
Utopie und Vision
Ein Musikstück, das nicht komponiert, ein Gemälde, das nicht gemalt wurde, existiert nicht. Aber Architektur, die geplant, aber nicht gebaut wurde, existiert sehr wohl und war für die Architekturgeschichte wichtig. Als Vision.
Vieles wird aufgegriffen und weiterverwendet. Paul Sprenger plant den ersten Glas-Eisen-Bau in Österreich. „Er wird nicht realisiert“, so Benedik. „Aber Hasenauer springt auf den Zug auf und baut die Rotunde in Glas-Eisen-Technik. Da sieht man, wie bedeutsam die nicht gebaute Architektur ist.“
Einen besonderen Stellenwert unter den antiken Gebäuden hat in der Baukunst das römische Pantheon. Die kuppelbekrönte Tempelfront dient häufig als Zitat. „Am Pantheon“, erklärt Benedik, „lässt sich sehr gut die große Bedeutung eines einzigen Bauwerkes für die gesamt Architekturgeschichte demonstrieren.“
Der Blick auf die Stadt
Im Lauf des 19. Jahrhunderts verändern sich die Stadtansichten. Sozialkritik wird sichtbar, plötzlich steht nicht mehr der Stephansdom im Zentrum, sondern die Dampf maschinen zeit, inder es überall raucht. Oder die ersten Brücken über die Donau, „als Floridsdorf noch ein Kaff in Transdanubienund der Fluss eine Grenze war“, sagt Benedik.
Am Ende postuliert Hans Hollein: „Alles ist Architektur.“Da drückt ein Entwurf nicht mehr funktional aus, wofür er gemacht wurde. Er kann alles sein. Gebäude haben keine direkt erkennbare Funktion mehr. Material und Form sind an nichts mehr gebunden. Alles ist frei. Alles ist möglich. 1922 schreibt die Chicago Tribune einen Wettbewerb für „das schönste Bürohochhaus der Welt“aus. Unter den 260 Einsendungen ist auch ein Entwurf von Adolf Loos. Er hält sich streng an das klassische, dorische Vorbild: eine riesige, schwarze Säule, 30 Stockwerke hoch, Behausung und Monument in einem.
Friedrich Kiesler hatte die Idee des endlos fließenden Raumes („Endless House“). Fritz Wotruba stellte Kuben zu neuen Formen zusammen. Es gibt keine Ebenen, keinen Eingang, keine Geschosse mehr. Ein Baukörper wurde Kirche. Wotruba 1947: „Ich möchte eine Skulptur schaffen, in der sich Landschaft, Stadt und Architektur vereint.“
In der Spittelau sollten sich nach Zaha Hadids Wohnbau-Plänen freischwebende Baukörper zu neuen Gebilden vereinen. Was als Stelzenbauten realisiert wurde, hat allerdings damit nichts mehr zu tun – und ist heute obendrein unbewohnt. Manche sagen auch: unbewohnbar.
Info: Bis 23. 9. Täglich 10 – 18, Mi. und Fr. 10 – 21 Uhr; Katalog: 29,90 Euro