Heuer gibt es fast keinen Waldhonig
Rätselhaft. Waldhonig-Ernte fällt heuer aus – Imker klagen über Verluste bis zu 50 Prozent, Preise werden steigen
Damit fällt die Hälfte der österreichischen Honigernte aus – die Honigpreise dürften steigen.
Der Waldhonig gilt als besonders gesund und ist wegen seiner malzig-harzigen Würze eine der beliebtesten Sorten. Doch auf die süße Delikatesse aus heimischer Produktion müssen die Österreicher heuer leider verzichten.
Christian Boigenzahn vom Imkereidachverband kennt die Zahlen und hat für Imker und Konsumenten gleichermaßen eine schlechte Nachricht: „Die Waldhonig-Ernte fällt so gut wie im ganzen Land aus. Imker werden deshalb heuer insgesamt rund 50 Prozent weniger Honig produzieren.“
Auch bei anderen Sortenhonigen müssen die Imker heuer mit Verlusten rechnen. Weil im Osten und Norden Österreichs der Raps wegen der warmen Temperaturen schneller verblühte als in den Vorjahren, werden heuer weniger Gläser mit hellgelbem Honig in den Verkaufsregalen stehen. Nur beim Akazienhonig sieht es gut aus – Grund ist ein ausbleibender Spätfrost.
Die Wetterkapriolen erschweren die Arbeit der Imker auch deshalb, weil viele Pf lanzen gleichzeitig blühen: „Es wird so immer schwieriger, sortenreinen Honig herzustellen.“Wobei sortenrein nicht bedeutet, dass z.B. ein Lindenblütenhonig zu 100 Prozent vom Nektar der Linde besteht – schließlich kann man keine Bienen züchten, die zu einer bestimmten Zeit nur eine Blume bzw. einen Baum anf liegen.
Honigtau
Warum heuer allerdings gerade der Waldhonig zu einem extrem raren Produkt wird, ist Imkern und Waldbiologen gleichermaßen ein Rätsel. Im Gegensatz zum Blütenhonig wird der Wald- honig ja nicht aus Nektar gewonnen.
Die f leißigen Bienen sammeln im Wald den Honigtau, der aus Ausscheidungen von Blatt- und Schildläusen oder manchmal auch von Flöhen stammt. Die kleinen Insekten entziehen dem Pflanzensaft einen Teil der Nährstoffe und verändern ihn. Die Bienen verarbeiten diesen süßen Saft dann zu Honig.
Möglichist,dassauchhier das Wetter schuld daran ist, dass Honigliebhaber auf den Waldhonig verzichten müssen. Ein weiterer Erklärungsansatz: Weil die Nadelwälder heuer extrem gestaubt haben, ist der Nährstoff haushalt aus dem Gleichgewicht und die Bienen verschmähendenHonigtau.Besonders die Fichtenblüte war heuer extrem. Sie hat ganze Landstriche mit einem gelben Schleier überzogen.
Was Imker wie Christian Boigenzahn besonders stutzig macht: „Dass es in einzelnen Regionen zu einem Ernteausfall kam, hatten wir schon des Öfteren. Dass aber fast die komplette Ernte ausfällt, ist ein Novum.“
Liebhaber des heimischen Honigs müssen sich jedenfalls auf höhere Preise einstellen: „Wir haben zwar im vergangenen Jahr viel Honig produziert, dafür fiel die Ernte in den Vorjahren mager aus“, berichtet Christian Boigenzahn.
Weniger Bienen sterben
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Heuer haben nur rund zehn Prozent der Bienenvölker nicht überlebt. Im Vorjahr waren es noch doppelt so viele. Das zeigte eine Untersuchung der Universität Graz. Was Imker Boigenzahn besonders freut: „Seit es ein Verbot für Neonicotinoide gibt, hat sich die Situation für unsere Völker nachweislich verbessert.“(Grafik)
Ganz sorgenfrei blicken er und seine Kollegen dennoch nicht in die Zukunft. Die industrialisierte Landwirtschaft und die Monokulturen machen ihnen zu schaffen. „Außer den Sonnenblumen haben die Bienen derzeit kaum ein Nahrungsangebot.“
Was wünscht er sich also? „Im Sinne der Biodiversität muss darauf geachtet werden, dass mehr Blühflächen entstehen.Diesenützennicht nur den Honigbienen, sondern auch Wildbienen, die wichtige Bestäuber sind.“
Diese Blühflächen müssten sich für die Landwirte auch wirtschaftlich lohnen, fordert der Imker-Sprecher. Was ihn beruhigt: Im europäischen Agrarprogramm soll die Biene ein zentrales Thema sein.