UNHCR: EU an „kritischem Punkt“
Flüchtlingspolitik. Appell an Österreich, einigend in der EU zu wirken
Das UN-Flüchtlingshilfswerk verfolgt die Debatte über die europäische Flüchtlingspolitik mit Besorgnis. Die EU stehe an einem „kritischen Punkt“, stellt UNHCR-Europadirektorin Pascale Moreau fest. Sie appelliert an Österreich, mit einer starken Ratspräsidentschaft die EU-Staaten zu einen und aus der „derzeitigen Sackgasse“zu führen und zeitgleich an einem gut funktionierendem Asylsystem zu arbeiten. „Das ist machbar“, betont Moreau. Innerhalb der EU sei Solidarität „das Gebot der Stunde“.
Die vom EU-Gipfel beschlossenen „Anlandeplattformen“für Flüchtlinge, etwa in Nordafrika, sieht Moreau kritisch. Es müsse die Sicherheit der Menschen garantiert sein, in Libyen sei das beispielsweise nicht gewährleistet. Die EU dürfe nicht die Verantwortung abwälzen, Menschen Schutz und Asyl zu gewähren. In diesen Zentren außerhalb der EU – für die sich zumindest öffentlich noch kein Land bereit erklärt hat – müsse man Asylanträge stellen können.
Massengrab Mittelmeer
Kanzler Kurz winkt ab, das erzeuge „einen irrsinnigen Pull-Faktor“, sagte er im Morgenjournal. „Ich halte es für schlauer, Menschen direkt aus den Krisengebieten zu holen, als einen Anreiz für eine gefährliche Fahrt über das Mittelmeer zu schaffen.“Heuer sind laut Internationaler Organisation für Migration mehr als 1000 Menschen auf dem Weg von Libyen nach Europa ertrunken. Am Montag konnten nach einem Schiffsunglück 16 Menschen gerettet werden, 114 gelten als vermisst. Malta hat indes das Rettungsschiff „Seawatch“beschlagnahmt, es darf nicht auslaufen.
Italiens Küstenwache will laut einem Bericht bis 2020 mit Geld der Europäischen Kommission eine „Leitstelle“zur Seenotrettung in Libyen aufbauen. Ziel: Flüchtlinge zurück nach Afrika zu bringen. Der Chef der EU-Grenzschutzbehörde Frontex begrüßt jedenfalls die Beschlüsse des EU-Gipfels für einen härteren Kurs als „europäische Trendwende“und „Ende einer gewissen Naivität“.