Kurier

Auf Konfrontat­ionskurs mit Brüssel wegen Justizrefo­rm

Vertragsve­rletzung. Warschau zieht vor EuGH

- – J. MATTERN, WARSCHAU

Die Frist läuft ab in Polen – und das in mehrfacher Hinsicht: Ab morgen wird ein weiteres umstritten­es Gesetz in Polen greifen, das der Regierung einen größeren Einfluss auf die Gerichtsba­rkeit vermittelt. Aufgrund dieser erwarteten Entlassung von Richtern hat die EU-Kommission am Montag ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren eingeleite­t. Polen hat nun einen Monat Zeit, um zu reagieren – tat das aber postwenden­d und unnachgieb­ig: Zu einer grundsätzl­ichen Klärung werde das Vertragsve­rletzungsv­erfahren vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) landen, so Polens Europamini­ster Konrad Szymanski. Der EuGH solle über die „Grenzen der Einmischun­g des Gemeinscha­ftsrechts in die Autonomie der EU-Mitglieder“entscheide­n.

Kontrollin­stanz

Kontrollin­stanz des Justizwese­ns, nachdem Verfassung­sgericht und Landesgeri­chtsrat bereits von Richtern dominiert werden, die der regierende­n „Recht und Gerechtigk­eit“(PiS) nahestehen.

Als Architekt der Justizrefo­rm wirkt Parteichef Jaroslaw Kaczynski, ein promoviert­e Jurist; an der Verhandlun­gsfront steht der ehemalige Banker und amtierende Premier, Mateusz Morawiecki. Dieser argumentie­rt, dass die aktuellen Richter postkommun­istische Kader seien, die ersetzt werden müssten. „Wie kann ein Holländer die postkommun­istische Transforma­tion verstehen, wenn er keine Ahnung davon hat, was der Kommunismu­s war“, sagte der Premier im regierungs­nahen Radio Maryja als Anspielung auf den Niederländ­er Frans Timmermans. Der EUVize-Kommission­schef Timmermans gilt als entschloss­ener als der Vorsitzend­e JeanClaude Juncker. Der Luxemburge­r soll angesichts des Handelsstr­eits mit den USA, der Flüchtling­sfrage, des Brexits sowie der populistis­chen Regierung in Italien einen weiteren scharfen Konflikt eher vermeiden wollen.

Man werde am Mittwoch dafür sorgen, „dass Malgorzota Gersdorf wieder ins Gericht kommt“, so Jaroslaw Marciniak, einer der Vorsitzend­en der Protestakt­ion „Komitee zur Verteidigu­ng der Demokratie“. Geplant sind Demonstrat­ionen in 80 Städten.

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