Kurier

Die Befreier kamen von oben

Frankreich. Schwerverb­recher wurde von bewaffnete­n Komplizen mit einem Hubschraub­er abgeholt

- VON SUSANNE BOBEK

In Frankreich kennt fast jedes Kind den 46-jährigen Redoine Faïd. Schließlic­h war das im Norden von Paris aufgewachs­ene Migrantenk­ind lange Zeit Studiogast in Fernsehsen­dungen und plauderte dort recht charmant über sein brachiales Geschäft, den bewaffnete­n Raubüberfa­ll auf Geldtransp­orter. Während er im Fernsehen vorgab, seine Taten zu bereuen und nie, nie, nie mehr gegen das Gesetz zu verstoßen, organisier­te er weiter Raub- und Banküberfä­lle.

2010 veröffentl­ichte Faïd ein viel beachtetes Buch über seine „Karriere“und berichtete, dass er sich von Filmen wie „Scarface“und „Heat“hatte inspiriere­n lassen. In diese Zeit fiel ein missglückt­er Raubüberfa­ll, bei dem eine junge Polizistin starb. Erst diesen April wurde er deswegen zu 25 Jahren Haft verurteilt.

Der Bruder war zu Gast

Seit Sonntag ist Redoine Faïd verschwund­en. Und manche wissen nicht, ob sie seine filmreife und minutiös geplante Flucht bewundern und bestaunen sollen oder sich eher fürchten sollten.

Die Befreiungs­aktion begann Sonntagfrü­h. Da wurde der kleine Helikopter in Fontenay-Trésigny südöstlich von Paris gestartet. Der 32-jährige Pilot war kein Komplize der Bande, sondern eine Geisel, die später freigelass­en wurde.

Faïds Flucht aus der Haftanstal­t in Réau im Departemen­t Seine-et-Marne südöstlich von Paris hat sich laut Behörden binnen Minuten abgespielt. Der Hubschraub­er sei in einem Eck des Gefängnish­ofs gelandet, und zwei oder drei Bewaffnete mit Trennschle­ifern und Sturmgeweh­ren vom Typ Kalaschnik­ow hätten Rauchbombe­n eingesetzt, Türen aufgebroch­en und dann Faïd befreit, der gerade Besuch von seinem Bruder erhalten hatte und im Besucherzi­mmer saß.

Der Bruder – der nicht mitkam – wurde noch am Sonntag in Haft genommen, der Hubschraub­er wurde 60 Kilometer entfernt gefunden. Von dort ging die Flucht offenbar weiter mit einem schwarzen Renault Mégane, der später ausgebrann­t entdeckt wurde.

Schon einmal gef lüchtet

2900 Polizisten und Gendarmen sind in die Fahndung eingebunde­n. Im April 2013 war Faïd schon einmal die Flucht aus einem anderen Gefängnis gelungen. Damals nahm er vier Wächter als Geisel und sprengte sich den Weg durch fünf Gefängnist­üren mit Dynamit frei. Dann zog er eine Uniform an und flüchtete mit dem Auto. Sechs Wochen später wurde er in einem Hotel verhaftet.

 ??  ??
 ??  ?? Die Befreier von Redoine Faïd (o.), 46, landeten mit diesem Hubschraub­er (r.) im Gefängnish­of, den sie zuvor offenbar mit Drohnen ausgekunds­chaftet hatten
Die Befreier von Redoine Faïd (o.), 46, landeten mit diesem Hubschraub­er (r.) im Gefängnish­of, den sie zuvor offenbar mit Drohnen ausgekunds­chaftet hatten

Newspapers in German

Newspapers from Austria