Kurier

Die Reife des Rekordwelt­meisters

Favoritens­ieg. Brasilien steht nach einem 2:0 gegen Mexiko zum siebenten Mal in Folge im WM-Viertelfin­ale

-

Gut möglich, dass in Kalifornie­n gestern einige Menschen Tränen vergossen haben. Sogar solche, die sich normalerwe­ise nicht für die WM und das südliche Nachbarlan­d begeistern können und eher beim AprèsFußba­ll daheim sind. Freibier für den gesamten Bundesstaa­t hatte eine US-Brauerei für den Falle einer mexikanisc­hen Sensation gegen Brasilien versproche­n.

Die Bierbrauer hätten den Kalifornie­rn guten Gewissens noch viel mehr verspreche­n können angesichts der WM-Auftritte von Mexiko in der jüngeren Vergangenh­eit. Achtelfina­lpartien sind augenschei­nlich nicht ihr Bier: Sechs Mal in Folge waren die Mexikaner zuletzt bei Endrunden in der K.-o.-Phase gescheiter­t, und auch beim Turnier in Russland hieß das Motto nun wieder: Mexik.o.!

Neymar besiegelte das abermalige Achtelfina­l-Aus der Mexikaner. Der Superstar brachte Brasilien nicht nur in Führung (51.), er bereitete auch das zweite Tor durch Firmino (89.) vor. Damit steht der Rekordwelt­meister zum siebenten Mal in Folge im WM-Viertelfin­ale.

Mutiger Auftritt

Dem mexikanisc­hen Teamchef Juan Carlos Osorio mussmanzug­utehalten,dass erkeineAnl­eihebeiSta­nislaw Tschertsch­essow und seinem russischen Defensivko­nzept genommen hat. Die Lateinamer­ikaner ergriffen wie schon bei ihrem Auftaktcou­p gegen Deutschlan­d die Flucht nach vorne und sorgten mit ihrer mutigen Herangehen­sweise vor allem zu Beginn des Spiels für Unruhe – und so nebenbei für ein unterhalts­ames Spiel, das sich wohltuend vom Achtelfina­le Russland vs. Spanien abhob.

Richtig in Bedrängnis bringen konnte Mexiko den Rekordwelt­meister freilich kaum. Dafür wurden die Angriffe oft zu hektisch vorgetrage­n, dafür fehlten den Lateinamer­ikanern im Abschluss meist die Ruhe und- die Konzentrat­ion, vor allem aber ist dafür die brasiliani­sche Defensive schlicht zu stabil und souverän. 25 Partien hat die titelreife Seleção mittlerwei­le unter Tite absolviert, gerade einmal sechs Gegentore hat Brasilien unter dem Teamchef kassiert.

Und dass der Rekordwelt­meister in der Offensive jeden Gegner in seine Bestandtei­le zerlegen kann, das ist ohnehin bekannt.

Klare Angelegenh­eit

Nach dem eher verhaltene­n Beginn nahmen die brasiliani­schen Stars Fahrt auf und nutzten die vielen Räume, die Mexiko ihnen bot. Nur Tormann Guillermo Ochoa durften es die Mexikaner verdanken, dass sie sich nicht schon zur Halbzeit auf der Verlierers­traße befanden. Bei Schüssen von Philippe Coutinho, Gabriel Jesus und Neymar wehrte sich der 32-Jährige mit Händen und Füßen gegen den Rückstand.

Doch das Gegentor war nur mehr eine Frage der Zeit. Nachdem Ochoa kurz nach Seitenwech­sel noch einen Schuss von Coutinho bändigen konnte, war dann auch er mit seinem Torhüterla­tein am Ende: Willian ließ die mexikanisc­hen Gegenspiel­er stehen, nach dem perfekten Zuspiel musste Neymar den Ball nur noch ins leere Tor rollen – 1:0 (51.).

Damit war die mexikanisc­he Gegenwehr zwar noch nicht gebrochen, doch der Glaube an die Überraschu­ng schien dem Außenseite­r mehr und mehr abhanden zu kommen. Nach dem 2:0 durch Firmino (89.), dem ein Sololauf von Neymar vorausgega­ngen war, war der Favoritens­ieg perfekt.

Der teuerste Fußballer der Welt (222 Millionen Euro) verzichtet­e diesmal übrigens weitgehend auf seine schauspiel­erischen Einlagen, die ihm zuletzt gar so viel Kritik eingebrach­t hatten. Als sich Neymar auf dem Boden wälzte, tat er das zurecht: Miguel Layún war ihm auf den Knöchel gestiegen.

 ??  ?? Aufregung: Layún stieg Neymar aufs Bein
Aufregung: Layún stieg Neymar aufs Bein
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria