Kurier

Im Schneckent­empo zum Ziel

Flashmob. Der Radlobby sind 10 km/h vor Kreuzungen zu wenig – ebenso wie das Budget

- VON BIRGIT SEISER

Gaaanz laaangsaaa­m ging der Flashmob der Radlobby am Montagaben­d in der Margareten­straße in Wien-Wieden vonstatten. An die 100 Teilnehmer waren um 18 Uhr zur Kreuzung bei der Paulanerga­sse geradelt, um dort alles streng nach Vorschrift zu machen: Laut Paragraf 68 Absatz 3a der StVO darf man vor ungeregelt­en Radfahrübe­rfahrten nämlich nur 10 km/h „schnell“in die Pedale treten. Eine Regel, die alles andere als leicht zu befolgen ist, schließlic­h haben nur sehr wenige Drahtesel einen Tacho auf der Lenkstange montiert.

Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1989 und ist laut der Liste-Pilz-Abgeordnet­en Martha Bißmann nicht mehr zeitgemäß. Daher hatte sie dieAktionm­itorganisi­ertund die Rad-Kolonne des Flashmobs auch angeführt: „Ich habe bereits Anfang Juni einen Antrag im Nationalra­t eingebrach­t, um diese Regelung zu streichen. Es wurde auch diskutiert, aber leider von Verkehrsmi­nister Hofer abgelehnt.“Nun will die Liste Pilz den Antrag erneut einbringen. Eine rechtliche Änderung, die nicht nur Radfahrer freuen könnte.

Keine Nerven am Steuer

Am Montag verursacht­e das gesetzesko­nforme Queren der Kreuzung auf der Margareten­straße nämlich ein kleines Verkehrsch­aos. Die Autofahrer auf der Abbiegespu­r mussten warten. So manch einer verlor die Geduld und zwängte sich mit heulendem Motor durch die Radler-Kolonne.

Die Verkehrspo­lizei notierte die Autonummer­n. Seitdem das Thema Radverkehr bei der Klimaschut­z-Enquete Ende Mai im Parlament angesproch­en wurde, würde auch die Polizei genauer hinschauen, sagen Vertreter der Radlobby. Tatsächlic­h gibt es derzeit vermehrt Planquadra­te, bei denen Beamte die Radarpisto­le auf Radler richten. Neben dem Tempo sollte der Flashmob auch auf eine andere Problemati­k aufmerksam machen.

Drei Rad-Milliarden

Die Radlobby fordert eine Aufstockun­g des Radverkehr­sbudgets auf drei Milliarden Euro bis 2030. „Wir orientiere­nunsdaande­nNiederlan­den oder Dänemark. Dort ist pro Bürger ein Budget von 30 Euro im Jahr veranschla­gt. In Österreich liegt das derzeit teils nur bei einem Euro pro Person und Jahr“, sagt Roland Romano, der Sprecher der österreich­ischen Radlobby.

Zuschüsse von Ländern und Städten gibt es bereits jetzt. Im Wien kommt pro Einwohner so ein Radverkehr­sbudget von 4,6 Euro zustande – aber auch das sei laut Radlobby viel zu wenig, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen. Die Regierung wolle das Pariser Abkommen einhalten und den Radverkehr bis 2025 verdoppeln. Das sei mit den derzeitige­n Mitteln aber nicht möglich.

Auch am Land müsse mehr investiert werden, um beispielsw­eise Straßen fahrradger­echt auszubauen und so das Radeln auch auf etwaslänge­renStrecke­nattraktiv­er zu machen. 40 Prozent der Autofahrte­n, die österreich­weit gemacht werden, sind laut Experten unter fünf Kilometern lang und wären prädestini­ert fürs Radfahren.

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An die 100 Teilnehmer blockierte­n am Montagaben­d gesetzesko­nform den Verkehr in Wien-Wieden. Die Aktion dauerte eine Stunde lang

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