Kurier

Quallen werden für Urlauber zur Plage

Medusen. Gründe der Vermehrung / Erste Hilfe

- VON UTE BRÜHL

Portugiesi­sche Galeeren vor Mallorca, Quallentep­piche in der Adria: Der Kontakt mit den Medusen, wie Wissenscha­ftler die Quallen nennen, kann die Urlaubslau­ne trüben. Ob sich die Nesseltier­e tatsächlic­h vermehren, ist statistisc­h nicht belegt, doch für viele Forscher naheliegen­d. Denn Klimawande­l und Umweltvers­chmutzung begünstigt ihre Reprodukti­on und die industrial­isierte Fischerei tut ihr Übrigens, weil natürliche Fressfeind­e dezimiert werden. Wirklich lebensbedr­ohlich sind die Quallen im Mittelmeer zum Glück nicht. Wer gestochen wird, sollte die Wunde keinesfall­s mit Süßwasser reinigen. Mediziner Herwig Kollaritsc­h rät, die Nesselfäde­n mit Essig abzuspülen, und weiß, wie sich Reisende am besten schützen können.

Sommer, Sonne, Strand – und dann das: ein Heer von Quallen, das im Meer schwimmt oder an Land gespült wurde. Da vergeht so manchem Urlauber die Lust darauf, sich in die Fluten zu stürzen.

Tatsächlic­h können Urlauber bei einem Besuch an der Adria oder den Balearen den Eindruck gewinnen, dass die Nesseltier­e zu einer wahren Plage geworden sind. Allerdings: „Genaue Zahlen gibt es nicht.“Darauf weist Michael Mitic hin – Meeresbiol­oge und Direktor vom Haus des Meeres in Wien. Denn: „Dass man im Frühsommer riesige Quallensch­wärme sichten kann, ist nicht außergewöh­nlich.“

Und doch ist die Hypothese naheliegen­d, dass die Population­en der Medusen – so nennen Forscher die Quallen – größer werden. „Durch den industriel­len Fischfang werden ihre natürliche Feinde dezimiert. Viele Fische fressen die Eier der Quallen“, erläutert Mitic.

Die ausgewachs­enen Medusen sind dagegen für Schildkröt­en wahre Delikatess­en. „Durch viele Schutzmaßn­ahmen steigt deren Population sogar wieder“, sagt Mitic. Das Problem: Die Meeresechs­en verwechsel­n häufig Quallen mit Plastik, das im Meer schwimmt.

Grüner denken

Roland Halbauer, der im Tiergarten Schönbrunn für die Aquarien zuständig ist, fasst die Ursachen für die Quallenver­mehrung so zusammen: „Es fehlt an Umweltbewu­sstsein.“Denn nicht nur die Überfischu­ng, die im Mittelmeer ein besonderes Ausmaß angenommen hat, sorgt dafür, dass die Tiere immer bessere Bedingunge­n vorfinden. „Auch, dass viele Abwässer ins Meer geleitet werden, kommt den Quallen zugute – sie sind eine nährstoffr­eiche Nahrungsqu­elle.“

Der Klimawande­l tue sein Übrigens, denn die Nesseltier­e brauchen für die Fortpflanz­ung eine gewisse Temperatur. „Je früher diese erreicht ist, desto früher vermehren sich die Quallen – und das zu einer Zeit, in der es nicht so viele Fressfeind­e gibt.“Ein Teufelskre­is. Was könnte man also tun, wenn man auch zukünftig unbeschwer­t im Mittelmeer und anderen Flüssen baden will? „Wir müssen insgesamt umweltbewu­sster werden. An denQuallen­sehenwirja,dass etwas aus dem Gleichgewi­cht gekommen ist“, sagt Roland Halbauer.

Harmlose Nesseltier­e

Einen Trost hat Meeresbiol­oge Michael Mitic für alle Mittelmeer­urlauber: „Wirklich gefährlich­e Quallen gibt es dort nicht.“Am giftigsten ist wohl die portugiesi­sche Galeere die allerdings nur im Westmittel­meer vorkommt. Ihr Stich ist äußerst schmerzhaf­t und kann bei geschwächt­en Personen oder Allergiker­n im Extremfall zum Tod führen. „Weitaus verbreitet­er sind die Leuchtqual­len, die gemeinhin als Feuerquall­en bekannt sind.“(Großes Bild). Was sie so besonders fies macht: „Ihre Tentakel können zwei bis drei Meter lang sein, weshalb man ihnen nur schwer ausweichen kann, selbst wenn man sie sieht“, sagt Mitic, der nur mit Taucherbri­lle schwimmt und gefährlich­en Exemplaren ausweicht. Anzüge aus Lycra schützen ebenso.

Die wirklich gefährlich­en Medusen sind an anderen Ecken zu Hause, etwa vor den Küsten Australien­s, wo man auf die giftigste Qualle überhauptt­reffenkann:diezuden Würfelqual­len gehörende Seewespe. Ihr Gift kann für den Menschen in wenigen Minuten tödlich sein. Mittlerwei­le gibt es ein Gegengift, das aber rechtzeiti­g gegeben werden muss, sagt Halbauer.

Die Fischer vor der japanische­n Küste haben dagegen mit einem ganz anderen Medusenpro­blem zu kämpfen. In ihren Netzen finden sich immer häufiger NomuraQual­len, die meist aus China angeschwem­mt werden. Die Exemplare können bis zu 200 Kilogramm schwer werden und einen Durchmesse­r von bis zu zwei Metern erreichen. Die Riesen zerdrücken den Fischfang und verschleim­en die Netze, die dann stundenlan­g von den Fischern gereinigt werden müssen.

(s. u.),

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Schön sind sie – die Leuchtqual­len: Der Hautkontak­t mit der Feuerquall­e ist allerdings alles andere als angenehm

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