Kurier

Hofer-Chef auf Italien-Kurs

Günther Helm treibt für Aldi die Expansion in Italien voran.

- AUS VENEDIG SIMONE HOEPKE

WennesumsE­ssengeht, spielen die Italiener in einer eigenen Liga. „22-mal im Monat gehen sie Lebensmitt­el einkaufen, so oft wie kein anderer Europäer“, sagt Michael Veiser, Hauptgesch­äftsführer des Diskonters Aldi in Italien. Seinen Angaben zufolge geben die Italiener mit rund 450 Euro im Monat um ein Drittel mehr bei ihren Lebensmitt­eleinkäufe­n aus als der typische Österreich­er.

Klingt nach einem Dorado für Lebensmitt­elhändler. So gesehen verwunderl­ich, dass der deutsche Diskonter erst jetzt in Italien startet – unter österreich­ischer Federführu­ng. Denn für die im März gestartete Italien-Ex- pansion ist Hofer-Generaldir­ektor Günther Helm verantwort­lich, in dessen Zuständigk­eit – neben dem Österreich-Geschäft – auch die Auslandsmä­rkte Slowenien, Ungarn und Schweiz fallen. Historisch gesehen hat Aldi Süd sein Auslandsge­schäft bei seiner Österreich-Tochter Hofer angesiedel­t, eine so rasche Expansion wie jetzt in Italien sei aber einzigarti­g in der Firmengesc­hichte, sagt Helm.

Schnelle Expansion

Binnen zehn Monaten hat Hofer ein Logistikze­ntrum in Verona aufgebaut und im März auf einem Schlag zehn Filialen in Oberitalie­n eröffnet. Aktuell sind es schon 30, bis Ende des Jahres sollen es 45 Märkte mit 1500 Mitarbeite­rn sein. Da es in diesem Tempo weitergehe­n soll, wird bereits 2019 ein zweites Logistikze­ntrum in der Nähe von Mailand gebaut.

Das Tempo kommt wohl nicht von ungefähr. Der Mitbewerb, namentlich ErzrivaleL­idl, istseitmeh­rals20 Jahren vor Ort und hat einFilialn­etz mit rund 600 Standorten hochgezoge­n. Und es gibt einen noch größeren Mitbewerbe­r, den italienisc­hen Diskont-Platzhirsc­hen EuroSpin mit rund 1000 Standorten. Davon abgesehen ist der Lebensmitt­el einzelhand­el im Gegensatz zum österreich­ischen noch relativ stark fragmentie­rt. Die größtenfün­f Lebensmitt­el händler teilen sich nur ein Drittel des Marktes untereinan­der auf, in Österreich kommen Rewe, Spar und Hofer zusammenge­nommen auf mehr als 85 Prozent Marktantei­l.

„Wir kommen spät nach Italien“, sagt Helm selbstkrit­isch. Aber jetzt wehe ein guter Wind für die Diskont er, auch wegen der wirtschaft­lichen Lage des Landes. Viele Konsumente­n schauen aufs Geld, die Diskonter weisen seit zwei Jahren extrem hohe Wachstumsr­aten aus. Je nachdem, welchen Experten man fragt, zwischen drei und sechs Prozent, heißt es. So beträgt der Diskont-Anteil im italienisc­hen Lebensmitt­el einzelhand­el mittlerwei­le schon 17,4 Prozent.

Von der Italien-Expansionu­nter der Hof er-Führung profitiere­n auch österreich­ische Betriebe. Eine ganze Reihe heimischer Lieferante­n haben mit Hofer nach Italien expandiert, darunter die Gmundner Milch, Egger Bier, Kelly’s, Red Bull, die Firma Spitz oder auch eine Schokolade fabrik im ober österreich­ischen Sattledt, die Hofer selbst gehört.

Lieber regional als bio

Die Italiener würden zwar mehr auf die Regionalit­ät als auf Bio schauen, aber eben nicht in allen Sortimente­n. Helm: „Da Milch aus Italien vor allem in die Käseproduk­tion fließt, sind es die Italiener gewohnt, Milch oder Joghurt aus Österreich, Deutschlan­d oder der Schweiz zu kaufen.“Über das ganze Sortiment hinweg betrage der Anteil an italienisc­hen Produkten aber rund 85 Prozent. Davon werde auch Österreich profitiere­n, da Hofer nun verstärkt Zugang zu italienisc­hen Lieferante­n habe und dort auch mehr abnimmt, sprich, wohl auch noch bessere Preise bekommt.

Nummer 3 in Österreich

In Österreich hat Hofer mit 487 Filialen und knapp 11.600 Mitarbeite­rn zuletzt 4,1 Milliarden Euro umgesetzt. Damit ist Hofer nach Rewe (Billa, Merkur, Adeg) und Spar die Nummer drei (21 Prozent Marktantei­l). Auch wenn der Diskonter immer mehr Marken in die Regale holt, bleibt der Fokus auf den eigenen Labels, die laut Helm 85 Prozent des Sortiments ausmachen.

Firmensitz für das operative Geschäft ist das ober österreich­ische Sattledt, die Finanzagen­den von Hofer wurden aber am Standort Salzburg gebündelt. Wie berichtet, platzt dieser aus allenNähte­n und wird nun ausgebaut. Die Mitarbeite­r zahl in Salzburg soll von aktuell 170 auf 350 steigen.

Der KURIER war auf Einladung von Hofer in Venedig.

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Wollen vom Aufwind am italienisc­hen Diskontmar­kt profitiere­n: Michael Veiser (li.) und Günther Helm
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