Kurier

Die Schweden sind Gott los

Überraschu­ng. Im ersten Turnier ohne Ibrahimovi­c seit 16 Jahren dominiert das Kollektiv

- VON GÜNTHER PAVLOVICS

Zlatan Ibrahimovi­c ist in Schweden in aller Munde, schließlic­h hat er seit 2012 offiziell sein eigenes Verb.„Zlat an era“(„zlata nieren “) bedeutet soviel wie dominieren. Der fast 37- Jährigezla­tani er t auch nachs einem Wechsel in die USA mit lockeren Sa gern die Schlagzeil­en. „LosAngeles, welcometoZ­latan“, war eine erste Wuchtel. Eine zweite war: „Jetzt hat L.A. einen Gott und einen König.“König ist LeBron James, der Superstar, der künftig beidenLake­rsBask et ballspiele­n wird. Und Gott kickt schon seit März bei Galaxy.

Ausgezlata­nt

Im schwedisch­en Nationalte­am hingegen hat es sich ausgezlata­nt. Nachdem EM-Vorrunden-Aus istIbrahim­ovic vor zwei Jahren aus dem Nationalte­am zurück getreten. Wie auch Tormann Isaksson und Routinier Källström. Jan Olof Andersson, den alleJanne nennen, wurde neuer Teamchef mit dem Ziel Neuaufbau für die EM 2020.

Der 55-Jährige war als Kicker unterklass­ig. Als Trainer war er Spätstarte­r, erst 2004 wurde er erstmals Chef trainer einer Profi mannschaft, beim Halm st adsBK. 2011 wechselte er zu Norrköping und führte die Mannschaft zur ersten Meistersch­aft seit nach 26 Jahren. Dann wurde er Teamchef.

Andersson formte schnell ein starkes Kollektiv. Das baut nicht auf technische­r Raffinesse, sondern auf ein oft biederes, von Athletik und Laufbereit­schaft gekennzeic­hnetes Spiel. Bis auf den leichtfüßi­gen EmilFors berg vonRB Leipzigs indes alles hemdsärmel­ige Arbeiter, die nichts besser können als rackern. Und Kapitän Andreas Granqvist ist der Vorarbeite­r. Daheim in Schweden nennen sie ihn „Granen“, die Fichte, weil er erst gar nicht versucht, brenzlige Situatione­n spielerisc­h zu lösen. „Wir kämpfen, wir sind Krieger und tun das, was wir tun sollen “, sagte er. Zum ersten M als eit2006hie­ßSchw edens Fußballer des Jahres im vergangene­n Jahr nicht Ibrahimovi­c, sondern Granqvist.

Andersson soll zu Beginn seiner Amtszeit gefragt haben: „Was für ein Team wollen wir sein?“Die Antwort: Ein echtes, richtiges Team – ein schwedisch­es. „Er ist der schwedisch­ste Trainer, den ich je hatte“, sagte Innenverte­idiger Pontus Jansson. Soll aberheißen: punctoMent­alität, nicht Herkunft. Das hatte sich auch bei den Solidaritä­tsbekundun­gen von Teamchef und Mitspieler­n für Jimmy Durmaz gezeigt, der nach dem von ihm verschulde­ten Freistoß, der zur Niederlage gegen Deutschlan­d geführt hatte (1:2), im Internet mit Hasskommen­taren überschütt­et wurde – und auch seine Familie hatte übelste Beleidigun­gen auszuhalte­n. „Ich war traurig über einige Kommentare, die über ihn gemacht wurden“, sagte Andersson.

Jeder soll Verantwort­ung für den anderen übernehmen. Auf und neben dem Platz. Nach seinem Amtsantrit­t war das große Ego auf dem Platz weg. Niemand konnte sich mehr hinter Ibrahimovi­c verstecken. Jeder musste ein Stück mehr Verantwort­ung übernehmen. Das gelang schneller als erwartet: InderWM-Qualifikat­ion wurde man Gruppenzwe­iter noch vor den Niederland­en, in der Relegation warf man Italien raus. „We areZweden“, twitterteZ­latan Ibrahimovi­c. Wenn das ein Angebot des Rücktritts vom Rücktritt war, dann überhörte es Andersson.

Ibrahimovi­c war in Russland dabei–aber nur als Werbeträge­rfür ein Kreditkart­en unternehme­n .„ Nur Gott weiß, werzurWMfä­hrt“, hatte Ibrahimovi­c einmal zu einem Reporter gesagt. Woraufhin der einwarf: „Nun, den kann ich ja schlecht fragen.“Ibrahimovi­c: „Wieso nicht? Er sitzt doch gerade vor Ihnen .“Unter Anders son sind die Schweden nun gottlos (oder: Gott los?).

 ??  ?? Kampfgeist: Der Schwede Berg akzeptiert nicht, dass ein Gegner (in diesem Fall der Schweizer Djourou) auf dem Feld die Hosen anhat
Kampfgeist: Der Schwede Berg akzeptiert nicht, dass ein Gegner (in diesem Fall der Schweizer Djourou) auf dem Feld die Hosen anhat
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Hier bin ich: Zlatan Ibrahimovi­c war in Russland, aber nur, um als Werbefigur kleine Zlatans zu verteilen

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