Start-up schaut für Firmen in die Zukunft
Künstliche Intelligenz. Wiener Firma analysiert weltweit Online-Netzwerke und sagt Risiken voraus.
Unruhen in Indonesien, Klagen über Arbeitsbedingungen in China oder Streiks in wichtigen internationalen Häfen. Vieles, was in der realen Welt passiert, zeigt sich schon vorher in den OnlineNetzwerken. Das Wiener Start-up Prewave hat sich darauf spezialisiert, Daten aus Twitter, Facebook, YouTube sowie lokalen Netzwerken wie dem chinesischen Weibo zu durchleuchten, um Risiken für Unternehmen ausfindigzumachenundVorhersagen zu treffen. „Wir wollen lokale Umwelt- und Sozialrisiken auch global sichtbar und transparent machen“, sagt Harald Nitschinger, Mitgründer des jungen Unternehmens.
Unternehmen helfen solche Prognosen etwa, Probleme in der Lieferkette frühzeitig zu erkennen, Umweltund Sozialrisiken bei Produkten zu identifizieren, Investitionsentscheidungen zu überprüfen und Nachhaltigkeitsstandards einzuhalten.
Analysiertwerdenöffentlich zugängliche Daten aus Online-Netzwerken und lokalen Medien. Dabei kommt maschinelles Lernen zum Einsatz. Die Algorithmen des Start-ups werden in verschiedenen Landessprachen trainiert und lernen dann selbst dazu. „Unser System kann Ereignisse global und multilingual erkennen“, sagt Nitschinger. Seinen Kunden bietet das Start-up ein Nachhaltigkeitsscreening an, bei demLieferantenoderInvestitionsprojekte auch zehn Jahre rückwirkend auf Umweltund Sozialrisiken überprüft werden. Daneben können sich Unternehmen über laufendes Monitoring auch über aktuelle Ereignisse informieren. Über Schnittstellen können die Daten in die IT-Systeme der Firmen integriert werden.
Spin-off der TU Wien
Hervorgegangen ist Prewave ausForschungenanderTechnischen Universität (TU) Wien. Für die dabei von Mitgründerin Lisa Madlberger entwickelte Technologie will man nun Marktanwendungen finden. Finanziert wurdedasStart-upausFörderungen, unter anderem von der Förderbank austria wirtschaftsservice (aws). Seit Kurzem hat Prewave auch erste Investoren an Bord. Im Mai stiegen IST Cube, der Start-up-Fonds des in Gugging bei Klosterneuburg angesiedelten Institute of Science and Technology Austria (IST) und Pioneers Ventures bei dem Unternehmen ein.
Zu den Kunden des Startups zählen große Automobilhersteller, Logistikkonzerne, Banken und Reedereien in Europa. Als nächsten Schritt will man verstärkt in den Versicherungsbereich vordringen. Reputationsrisiken seien derzeit ein großes Thema für Versicherungen, sagt Nitschinger. Unternehmen würden sich zunehmend gegen Schäden versichern, die aus Reputationsverlusten entstehen. Bei der Errechnung der Prämien für eine solche „Shitstormversicherung“könne sein Start-up helfen. „Wenn etwa aufkommt, dass es bei Lieferanten Kinderarbeit gab, ist die Gefahr für einen Shitstorm groß.“Je glaubhafter Unternehmen nachweisen könnten, dass dieRisikenniedrigseien, desto geringer ist die Prämie. „Unsere Prognosen helfen Unternehmendabei, dasRisikopotenzial zu minimieren“, meint der Gründer: „Sie haben auch einen positiven gesellschaftlichen Effekt, weil dadurch etwa Arbeitsbedingungen verbessert werden.“
An Unternehmen werdennuraggregierteEreignismeldungen weitergegeben, betont Nitschinger: „Informationen zu Quellen bekommen sie aus Datenschutzgründen nicht zu sehen.“Um das sicherzustellen, hat Prewave einen Moralkodex (Code of Ethics) formuliert: „Wir wollen Vorkehrungen treffen, damit die Technik für Gutes eingesetzt wird.“
„Wir wollen lokale Umwelt- und Sozialrisiken global sichtbar und transparent machen.“Harald Nitschinger Prewave-Mitgründer