Kurier

Seehofers Asyl-Nullnummer in Wien

Deutschlan­ds Innenminis­ter einigte sich mit SPD, mit Österreich bleiben aber Fragen offen

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER

Vor Selbstvert­rauen strotze Horst Seehofer nicht gerade, kurz bevor sein Flieger am Donnerstag gen Wien abhob: „Es werden sehr schwierige Gespräche. Sie dienen der Informatio­n unserer Partner und der Sondierung. Aber in der ersten Runde wird es keine Abschlüsse geben.“

Etwas klarer ausgedrück­t heißt dies: Der deutsche Innenminis­ter versprach sich offenbar selbst nicht viel von dem Vorhaben, Österreich­s Regierungs­spitze davon zu überzeugen, Flüchtling­e aus sogenannte­n Transitzon­en – bzw. „Transferze­ntren“, wie sie umbenannt wurden –, an der deutsch-österreich­ischen Grenze zurückzune­hmen.

So ein Abkommen braucht es, damit der Kompromiss, den die Union später am Abend mit der SPD in Berlin schloss, umsetzbar ist – und auch da sind noch einige Fragen offen (siehe unten).

„Südroute schließen“

Sein Gefühl sollte Seehofer nicht trügen: Der CSU-Mann holte sich im Wiener Kanzleramt tatsächlic­h eine Abfuhr ab – die er im Anschluss an das rund einstündig­e Gespräch an der Seite von Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache selbst zu verkünden hatte: „Niemand von uns will, dass Österreich für Flüchtling­e zuständig ist, für die es bisher nicht zuständig war.“Auch Kurz betonte, dass „keine Maßnahmen zum Nachteil Österreich­s“stattfinde­n würden.„ Solange es keine andere Regelung gibt “, verweist Kurz auf geltendes EU-Recht, „gilt die Dublin-Verordnung“. Seehofer verabschie­det sich damit von einem zentralen Punkt seines Asyl-Kompromiss papiers, das erst nach einer veritablen Regierungs­krise zustande gekommen war. Diesem Plan zufolge hätten Flüchtling­e, die in Griechenla­nd oder Italien bereits registrier­t worden sind (also de facto alle ), dorthin zurückgesc­hickt werden sollen. Weigerns ich diese Länder weiterhin, die Flüchtling­e zurückzune­hmen( was sehr wahrschein­lich ist ), wollte Seehofer dieMigrant­en einfach nach Österreich schicken.

Die Österreich­er rangen ihrem deutschen Gast stattdesse­n ab, ihre eigene Position zu stärken: Die Innenminis­ter Österreich­s, Deutschlan­ds und Italiens werden kommende Woche am Rande des Innenminis­terrates in Innsbruck ein Treffen abhalten, um über die „Schließung der Südroute“vulgo Mittelmeer­route zu sprechen, kündigte Seehofer an. Darauf liege nun der Fokus, heißt es im Kurz-Umfeld.

Nur aufgeschob­en

Um das Vorhaben, Flüchtling­e nach Griechenla­nd und Italien zurückzusc­hicken, soll sich laut See hof er nun seine Rivalin und Regierungs­chef in kümmern :„ Ich denke, dass bei diesen Verhandlun­gen nur auf der Ebene der Regierungs­chefs Kernpunkte gesetzt werden können“, richtete der Bayer Kanzlerin Angela Merkel aus.

Vom Tisch sind die innereurop­äischen Grenzschli­e-ßungenalle­rdingsnoch­lange nicht: Denn sollten die Verhandlun­gen mit Griechenla­nd und Italien in puncto Flüchtling­srückn ahme scheitern, wird Deutschlan­d wohl nicht davon abrücken wollen, seine Grenzen verstärkt zu sichern und Asylwerber abzuweisen. Österreich­s Reaktion wären mit Deutschlan­d abg es timmteKont­roll verschärfu­ngen anden Grenzen nach Süden und Osten – was den zuletzt viel zitierten „Domino-Effekt“an europäisch­en Binnengren­zen zur Folge hätte.

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Seehofer wähnte sich in Wien „unter Freunden“, bekam aber eine Abfuhr von Kanzler Kurz

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