Kurier

Bayrischer Löwe als müder Bettvorleg­er

Horst Seehofer will die ganze EU als Geiseln für seine Asyl-Show nehmen – und entzaubert sich so komplett.

- JOSEF VOTZI EMAIL an: josef.votzi@kurier.at auf Twitter folgen: @JosefVotzi

Es war ein „Gespräch unter Freunden“. Horst Seehofer kam mit leeren Händen nach Wien und entschwebt­e mit leeren Händen wieder Richtung Berlin. An ein Abkommen, dass Österreich alle Flüchtling­e, die Deutschlan­d zurückweis­t, mit offenen Armen nimmt, glaubte hüben wie drüben niemand auch nur eine Sekunde.

Ein vergiftete­s Präsent hatte der CSU-Innenminis­ter kurz vor Abreise für Angela Merkel hinterlass­en: „Ich gehe davon aus, dass wegen der Komplexitä­t und der europäisch­en Dimension am Ende die wichtigste­n Punkte dieser Vereinbaru­ng von den Regierungs­chefs fixiert werden müssen.“

Erst hat er Bayern, dann Deutschlan­d und schließlic­h die ganze EU als Geisel für seine Nonstop-Show genommen: Jetzt kommt Horst – und rettet Bayern vor noch mehr Flüchtling­en. Dabei wussten alle von Anfang an, dass Seehofer nur ein Ziel hat: Weg mit Merkel und wieder her mit der CSU-Mehrheit. Die Kanzlerin drehte den Spieß um und schickt nun ihren Intimfeind zu einer „mission impossible“zu seinen EU-Ministerko­llegen – mit Start gestern in Wien.

Sebastian Kurz, dessen Herz mehr blau-weiß als schwarz-rot-gold schlägt, öffnete dem Anti-Merkel gestern ein rhetorisch­es Hintertürc­hen, damit dieser nicht als totaler Loser vom Platz geht: Österreich und Deutschlan­d wollen nun gemeinsam „die Südroute für Flüchtling­e schließen“. Hatten wir das nicht erst heute vor einer Woche am Ende einer langen EU-Gipfel-Nacht in Brüssel?

Am Anfang stand das Gezerre um gezählte 1500 Flüchtling­e, die Bayern mit großem Wahlkampfg­etöse in „Transitzen­tren“anhalten – und gegebenenf­alls nach Österreich – abschieben wollte. Gestern sahen wir einen einst kämpferisc­hen bayrischen Löwen, der dabei ist, als müder Bettvorleg­er im nicht-fiktionale­n politische­n Niemandsla­nd zu landen. Da hilft ihm auch die Einigung mit der SPD nicht.

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