Pflastersteine vor türkis-blauen Türen
Bumerang-Aktionismus. FPÖ und ÖVP beschuldigen SPÖ-Mandatare, „zu Gewalt bereit“zu sein
Die Empörung bei den Abgeordneten der Regierungsparteien war groß: In einer offenbar von SPÖ-nahen Aktivisten konzertierten Aktion wurden Donnerstagfrüh Pflastersteine und Grablichter an den Türen von ÖVP- und FPÖ-Politikern deponiert – mit Botschaften wie „Arbeitnehmerverräter“oder „60 Stunden arbeiten ist wie Autofahren ohne Sicherheitsgurt“.
„Es fallen derzeit offenbar alle Grenzen und Hemmungen. Demokratischer Protest ist ein gutes Recht, aber Abgeordnete mit Gewalt zu bedrohen, ist indiskutabel und eine beispiellose Grenzüberschreitung“, urteilte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker über die Aktion.
Mit Gewalt drohen? Grenzüberschreitung?
In den sozialen Medien waren SPÖ-Vertreter bemüht zu erklären, warum das Symbol gegen den 12Stunden-Tag ausgerechnet Pflastersteine sein sollen. Begründet wird das mit Verweis auf die in den sozialen Medien weit verbreitet Rede von Gewerkschafter Willi Mernyi beim ÖGB-Kongress: Dort erzählte er von Günther, einem Pflasterer, der auf Baustellen ab sechs Uhr früh 17 Kilo schwere Pflastersteine „übers Kreuz“verlegt und so an einem nor- malen Arbeitstag fast dreieinhalb Tonnen bewegt. Bei vier Stunden mehr am Tag müsste er weitere eineinhalb Tonnen heben. Wegen des 12-Stunden-Tages und acht Stunden Schlafs „bleiben Günther dann nur drei Stunden, um Mensch zu sein“, beschrieb Mernyi.
„Arbeitnehmerverräter“
Deshalb also die Pf lastersteine vor den Türen einiger Abgeordneten. Es sollte keine Drohung sein, sondern ein Hinweis auf erhöhte Arbeitsbelastung.
Die Regierungsparteien nahmen die Steine des Anstoßes dankbar auf: „Sie sind anscheinend zu Gewalt bereit“, rief FPÖ-Klubchef Johann Gudenus den SPÖMandataren zu, die Aktion sei „Klassenkampf auf tiefstem Niveau“. Die SPÖ hatte in der Tat einige Mühe, die Diskussion im Hohen Haus weg von der Aktion wieder auf das eigentliche Thema zu lenken. Eine geglückte Aktion sieht anders aus.
Die heftig geführte Debatte dauerte bis zum Nachmittag an. Entrüstet war die Opposition, weil das Gesetz nach kürzestmöglicher Begutachtung nun schon ab September gelten wird. ExNeos-Chef Strolz zu Kanzler Kurz: „Sie gehen bewusst den Weg der Ignoranz.“