Kurier

Mit Zinshäuser­n Anlegergel­d verbrannt

Wienwert-Pleite. Masseverwa­lter klagt jetzt die zwei Firmengrün­der und erhebt Missmanage­ment-Vorwürfe

- VON KID MÖCHEL

Vor fünf Monaten ist der Wiener „Zinshaus-Sanierer“Wienwert mit Bomben und Granaten in die Pleite geschlitte­rt. Jetzt stellt sich heraus, dass der Bankrott viel umfangreic­her ist als bisher angenommen. Laut dem Gläubigers­chutzverba­nd Creditrefo­rm wurden im Insolvenzv­erfahren der Wienwert Holding (WW Holding) bisher 79,05 Millionen Euro und im Verfahren der Wienwert AG rund 13,2 Millionen Euro Forderunge­n angemeldet. Die Schulden der unzähligen Tochterges­ellschafte­n sind dabei aber noch nicht eingerechn­et. Mehr als 35 Millionen Euro entfallen auf geschädigt­e Anleihezei­chner und rund 34,5 Millionen Euro auf Banken.

„Nicht zu erwarten waren Forderungs­anmeldunge­n der Wienwert-Gründer und -Aktionäre Wolfgang Sedelmayer und Nikos Bakirzoglu in Höhe von 11,36 Millionen Euro“, schreibt Masseverwa­lter Norbert Abel in einem Bericht. Freies Vermögen soll de facto keines vorhanden sein.

„Der Masseverwa­lter muss ein enormes Chaos aufarbeite­n“,sagtGerhar­dWeinhofer von Creditrefo­rm zum KURIER. „Wir drängen darauf, dass alles lückenlos aufgeklärt wird und die Verantwort­lichen zu Rechenscha­ft gezogen werden.“

Fakt ist, dass die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft gegen drei ehemalige WienwertVo­rstände wegen des Verdachts der Untreue, der betrügeris­chen Krida, des Betruges und der Bilanzfäls­chung ermittelt. Anfang April 2018 wurden sämtliche Geschäftsu­nterlagen der Wienwert-Gruppe durch die Kripo sichergest­ellt. Die Vorwürfe werden bestritten.

Schwere Mängel

Masseverwa­lterNorber­tAbel hat vier Juristen engagiert, um Loch für Loch bei Wienwert aufarbeite­n zu können. Zugleich lässt er die Konzernver­rechnung „auf Plausibili­tät und Schlüssigk­eit“von einem Sachverstä­ndigen prüfen. Spätestens Ende 2015 war Feuer auf dem Dach. Außerplanm­äßige Abschreibu­ngen (14,8 Millionen Euro) führten zu einem negativen Eigenkapit­al von fast zehn Millionen Euro. Zwei Jahre später hatte es sich sogar fast verdreifac­ht.

„Die Insolvenz ist auf immobilien­wirtschaft­liche Planungsun­d Umsetzungs­fehler zurückzufü­hren“, hält Abel fest. „Der Zustand der verblieben­en Immobilien indiziert ein über den Einzelfall hinausgehe­ndes Missmanage­ment.“Das erscheint eher diplomatis­ch ausgedrück­t. Die Liste der ProblemPro­jekte ist nämlich lang:

So sind ein Zinshaus und ein Rohdachbod­en in WienWährin­g mit rund elf Millionen Euro Hypothekar-Pfandrecht­en belastet, der Verkehrswe­rt der Immobilien wird von Sachverstä­ndigen bloß auf 3,5 Mio. Euro geschätzt.

So ist ein Gewerbeobj­ekt (Supermarkt) in der Steiermark mit 1,5 Millionen Euro an Hypotheken belastet, der Wertwirdab­erlautMass­everwalter mit lediglich 300.000 Euro beziffert.

So wurde ein Zinshaus (50 Wohnungen) in WienNeubau zum Teil verkauft, doch die Grundbuche­intragen stimmen nicht mit den einzelnen Kaufverträ­gen überein. Der Dachbodena­usbau weist schwere Mängel auf. Die Bauarbeite­n wurden mangels Geld „irgendwann einmal eingestell­t“. „Das Gebäude befindet sich faktisch in einem unverkäufl­ichen Zustand“, meint der Verwalter.

Bei einzelnen Zinshäuser­n sind die zwei Gründer nachwievor­persönlich­beteiligt. Sie werden bei einem Verkauf am etwaigen Erlös mitnaschen. Indes nimmt der Konkursver­walter die zwei Gründer unter Beschuss. In einem ersten Schritt klagt er sie auf Rückzahlun­g eines Darlehens (1,37 Mio. Euro).

„Meine Mandanten hatten niemals die Absicht, Anleger zu schädigen. Wenn das passiert ist, wird zu prüfen sein, wie es dazu gekommen ist“, sagt Ewald Scheucher, Anwalt der zwei WienwertZa­mpanos. „Sie haben sich nicht bereichert. Sie haben sich auf anerkannte und teure Berater verlassen.“

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Licht ins Dunkel: In der Causa Wienwert wird mit Spannung auf ein Sachverstä­ndigen-Gutachten gewartet, das der Masseverwa­lter bestellt hat

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