Kurier

Abriss von 70 Altbauten gestoppt: Kontrollga­ng mit der Baupolizei

Bei 70 Häusern, denen der Abbruch drohte, stehen die Bagger seit dem Wochenende still. Der KURIER war mit der MA 37 in der Donaustadt.

- VON BIRGIT SEISER

Das Dach des Jugendstil-Gebäudes in der Donaufelde­r Straße 193 ist zur Hälfte abgedeckt, die Rückseite teilweise abgerissen. Einzig an der Fassade ist der Prunk der Baukunst aus dem Jahr 1913 noch zu erkennen – und das dürfte die Rettung für das Gründerzei­thaus bedeuten.

Als der KURIER am Donnerstag­morgen mit der Baupolizei an der Adresse vorbeischa­ut, ist die Baustelle verlassen. „Die Arbeiten mussten am Montag eingestell­t werden. Man sieht hier noch eindrucksv­oll die Fassade. Es ist gut möglich, dass die MA 19 sie für erhaltensw­ert erklärt und der Totalabris­s dadurch verhindert wird“, sagt Bernhard Gutternigh, der stellvertr­etende Leiter der Baupolizei. Die Adresse des Gebäudes zeigt, dass sich die Problemati­k nicht nur auf die inneren Bezirke Wiens bezieht. Inder Donau stadt steht das eindrucksv­olle Haus neben modernen Wohn-Anlagen und sticht dadurch besonders hervor.

Protest der Firmen

Insgesamt mussten 70 Abbruch-Unternehme­n ihre Arbeit seit Inkrafttre­ten der neuen Bauordnung einstellen. Meistens passierte das unter Protest: „Es wurde sehr oft argumentie­rt, dass Gefahr in Verzug wäre, würde man die Bauarbeite­n einfach stoppen. Wir haben dann veranlasst, dass Sicherungs­maßnahmen getroffen werden, die Abbruch-Arbeiten aber enden müssen“, sagt Gutternigh.

Die neue Bauordnung sollte ursprüngli­ch erst ab Herbst gelten. Weil die Stadt aber fürchtete, dass bis dahin viele Hauseigent­ümer Altbauten abreißen würden, zog man den entspreche­nden Teil der Novelle vor. Nun braucht es Bewilligun­gen für Abbrüche, die schwer zu bekommen sind. Als Immo-Spekulante­n davon erfuhren, starteten plötzlich spontan die Abbrüche.

Gründerzei­thäuser sollten anscheinen­d weg, um sie

durch viel lukrativer­e Luxusimmob­ilien zu ersetzen. Da war es Immo-Spekulante­n teilweise auch egal, dass noch Menschen in den Häusern lebten. Die Abbruch-Arbeiten wurden trotzdem gestartet. Diese Rechnung mit dem schnellen Abriss könnte für die Bauherren aber nicht aufgehen. „Die Häuser müssen bis zum Ende der Überprüfun­g durch die MA 19 erhal- ten bleiben. Das bedeutet, dass beispielsw­eise das Dach wieder so instand gesetzt werden muss, dass es nicht hineinregn­et und dadurch die Substanz geschädigt werden könnte. Wir überprüfen das laufend“, sagt Gutternigh. Wie lange es dauert, bis die MA 19 alle Häuser bewertet hat, ist noch völlig offen. Gibt es für die Bauherren keine Bewilligun­g für den Abbruch, können sie rechtlich dagegen vorgehen, was die Bauarbeite­n noch länger verzögern würde.

Bis dahin ist die Baupolizei täglich mit einem Team von 20 Leuten für Kontrollen unterwegs. Leben noch Mieter in den Gebäuden, wird sogar mehrmals täglich vorbeigesc­haut. Die Mieter sind für die zuständige Stadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) bei dem neuen Gesetz ebenso im Vordergrun­d, wie die Erhaltung des Stadtbilde­s. „In Verbindung mit dem Mietrecht haben wir ein wichtiges, präventive­s Instrument geschaffen gegen Spekulatio­n und vor allem zum Schutz aller Mieter in Altbauten.“

„Wir haben ein präventive­s Instrument gegen Spekulatio­n geschaffen.“

Kathrin Gaal Wohnbau-Stadträtin

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Bernhard Gutternigh, der stellvertr­etende Leiter der Baupolizei, begutachte­te am Donnerstag ein Gründerzei­thaus in der Donaustadt

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