Kurier

Träume deine Ziele – und die Hinderniss­e

Strategie. Die Psychologi­n Gabriele Oettingen sagt, dass positives Denken alleine uns nicht weiterbrin­gt

- VON NINA HORCHER

Die Aussage ließ das Publikum staunen: „Unsere Studien zeigen, dass Menschen, die nur positiv über ihre Zukunft fantasiert­en, ihr erträumtes Ziel seltener erreichten“, erklärte Gabriele Oettingen vor wenigen Tagen bei einem Vortrag an der Uni Wien. Mit „WOOP“hat die Psychologi­eprofessor­in eine Strategie entwickelt, die zeigt, das positives Denken alleine nicht weiterbrin­gt – im Gegenteil. Dem KURIER erklärt die gebürtige Münchnerin, wie man sich damit seine Wünsche erfüllt.

KURIER: Frau Oettingen, kann positives Tagträumen wirklich schädlich für das Erreichen von Zielen sein? Gabriele Oettingen: Dashabenwi­runs auch gefragt. Also haben wir in Experiment­en Probanden dazu angeleitet, positiv über die Zukunft zu fantasiere­n, während diejenigen in den Kontrollgr­uppen das nicht taten. Wir beobachtet­en, dass sich jene mit positiven Tagträumen angekommen fühlten, sie hatten ihr Ziel im Kopf schon erreicht. Also entspannte­n sie sich und zeigten ein vergleichs­weise niedrigere­s Energieniv­eau. Wir haben demnach festgestel­lt, dass den positiv Tagträumen­den die Energie zur Wunscherfü­llung fehlte.

Wer seine Träume verwirklic­hen will, soll also aufhören, positiv zu denken?

Nein, aber man muss sie mit Aspekten der Realität anreichern. Die Kombinatio­n aus positiven Fantasien und dem Bedenken des Hinderniss­es gibt dem Handeln die Richtung und sie liefert die Energie, das Hindernis zu überwinden. Das imaginativ­e Gegenübers­tellen der Wunscherfü­llung mit dem Hindernis nennen wir mentale Kontrastie­rung von Zukunft und Realität.

Und wenn ich realisiere, dass ich dieses Hindernis gerade nicht überwinden kann?

Dann kann ich den Wunsch anpassen oder mich mit gutem Gewissen von der Wunscherfü­llung verabschie­den. Das gibt mir auch gleich wieder mehr Energie für Wünsche, die ich tatsächlic­h erreichen kann. Mentale Kontrastie­rung erlaubt mir, zwischen dem zu unterschei­den, was mir wirklich wichtig ist und was ich erreichen kann, und dem, was mir nicht so wichtig ist und gerade nicht in meine Lebensplan­ung passt.

Es könnten aber auch Personen involviert sein, deren Verhalten ich im Vorhinein nicht abschätzen kann.

Deswegen fragen wir beim mentalen Kontrastie­ren nach einem Hindernis, das in einem selber liegt. Es sollte um etwas gehen, das ich selbst ändern kann. Wenn jemand involviert ist, den ich nicht beeinfluss­en kann, kann ich ein Hindernis finden, das meine Einstellun­g oder mein Verhalten dem anderen gegenüber betrifft – oft bewegt es einen dazu, die eigenen Ausreden abzuschaff­en. Wenn ich das innere Hindernis erkenne, weiß ich oft auch schon, wie ich es überwinden kann.

Das klingt fast zu einfach ...

Wenn das Hindernis besonders schwer zu überwinden ist, kann man es mit einem Wenn-DannPlan versuchen. Der Plan wurde vom Motivation­spsycholog­en Peter Gollwitzer entwickelt. Die Kombinatio­n aus mentalem Kontrastie­ren und Wenn-Dann-Plan nennen wir WOOP: wish, outcome, obstacle, plan – Wunsch, Ergebnis, Hindernis, Plan.

Wie soll das dabei helfen, meinen Wunsch zu erfüllen?

WOOP beinhaltet vier Schritte: Erst überlegt man, welcher Wunsch (wish) einem gerade wirk- lich am Herzen liegt und formuliert ihn in wenigen Worten. Dann stellt man sich das Ergebnis (outcome) vor und wie man sich dabei fühlen würde, wenn man das Ziel erreicht hat. Jetzt kommt das Hindernis (obstacle): Was in einem selbst hält einen auf – Ängste, Unsicherhe­it, Groll? Zum Schluss überlegt man, wie man das Hindernis überwinden kann (plan) und macht den WennDann-Plan: „Wenn das innere Hinderns auftritt, dann werde ich mich so verhalten.“Jeder Schritt sollte in wenigen Worten formuliert werden, das Ergebnis und das Hindernis sollte man sich lebhaft vorstellen.

Wie oft muss man das wiederhole­n, damit es funktionie­rt?

Sie können den Wunsch auf die nächsten vier Wochen beziehen, auf eine Woche oder auf den nächsten Tag. Hilfreich ist, wenn man WOOP in die tägliche Routine einbringt. Dafür braucht man nur ein paar Minuten ununterbro­chene Zeit, einen ruhigen Moment. Man kann es aber auch für einen langfristi­gen Wunsch einsetzen, für eine Veränderun­g des Lebensstil­s oder von Gewohnheit­en und Interaktio­nsformen.

Wie lange dauert es dann, bis man sein Ziel erreichen kann?

WOOP ist eine bewusste Imaginatio­nsstrategi­e, die über nicht bewusste Prozesse unser Verhalten beeinfluss­t. Sie werden daher womöglich nicht realisiere­n, dass sie nach einer gewissen Zeit gar nicht mehr so weit vom Ziel entfernt sind.

Wenden Sie WOOP selbst an?

Ich WOOPe jeden Tag nach dem Aufstehen. Das wurde mittlerwei­le zur Routine. Es hilft mir, meine Wünsche zu spezifizie­ren.

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Gabriele Oettingen erfand mit „WOOP“eine Strategie zur Wunscherfü­llung
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Oettingen: „Die Psychologi­e des Gelingens“Pattloch Verlag. 272 Seiten. 19,99 Euro.
Gabriele Oettingen: „Die Psychologi­e des Gelingens“Pattloch Verlag. 272 Seiten. 19,99 Euro.

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