Glanz oder gar nicht
Reinheitsgebot. Wer eine saubere Terrasse will, braucht gute Nerven im Hochdruck-Gebiet.
Sie Sagen Sie jetzt nicht, ich sei manipulativ. Gar nicht. Es ist nur so, dass manche Menschen ihr Glück nicht alleine finden können, sondern diskret geführt werden müssen. Schönes Beispiel: Seit Wochen schaue ich auf einen grauen Terrassenboden, unter dem Archäologen helle Bodenplatten vermuten. Der Dreck muss weg, aber nix passiert. Seit Wochen halte ich die Bissgurn im Zaum, dafür packe ich mein Bestof-Hinterhältigkeit aus und sage zum Beispiel: „Ich kenne einen Typen, der hatte in jüngeren Jahren noch die Kraft, einen Kärcher zu bedienen. Leider geil, aber leider vorbei.“So was in der Art, oft wiederholt, macht was mit ihm. Überraschung: Gestern kam ich heim, Meister Proper strahlte, und verwies auf sein nachmittägliches Gekärchere. Selbst in solchen Momenten ist Strategie alles. Jetzt nur ja nix Blödes sagen wie „War ja höchste Zeit, dachte schon, wir brauchen einen jungen Gärtner.“Stattdessen Seelenstreicheln. Also holte ich das gewisse Glitzern in meine Augen und hauchte: „Ein starker Mann weicht nicht“, packte den Franzbranntwein aus und massierte seine leicht verspannten Muskeln.
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Nun, die Terrassenreinigung unter Hochdruck ist Er vermutlich die einzige Domizilverschönerungstätigkeit, die ich gerne vollbringe. Und diesem Selbstverständnis folgend weiß ich, dass ich als Kärchermeister eine derart souveräne und raffinierte Kraft entwickle, wie man sie bestenfalls noch bei Bruce Willis in „Stirb langsam“oder Jason Statham in „The Transporter“erkennen könnte. Es ist allerdings so: Nach den sehr vielen gemeinsamen Terrassenjahren mit gnä Kuhn sind die (stark verdreckten) Steinf liesen leider nur mehr ansatzweise zu erspähen. Was daran liegt, dass die Liebste in jedem Frühling zwar von juchzendem Frohlocken begleitet zwei neue Töpfe mit Grünzeug in unser kleines Gartenreich integriert, sich jedoch von keinem einzigen Pf länzlein trennt. Heißt: Wer mit höchstem Kärcher-Anspruch ans Werk geht, ist bereits völlig erledigt, ehe er das Gerät überhaupt aktiviert.
Theater
Denn abgesehen vom Energie raubenden Abschleppdienst offenbart sich auch stets die logistische Herausforderung, wohin genau ich die tönerne Armee ächzend zur Zwischenlagerung befehlige. Vor einigen Jahren deponierte ich einmal sämtliche Töpfe im Wohnzimmer (und ein Hochbeet zwecks Gaudium im Schlafzimmer), die Reaktion meiner Frau fiel jedoch bedauerlicherweise nicht in die Kategorie Amüsement. Faktum ist, dass ich das Kärchern gerne hinauszögere, weil ich mich für das Abenteuer des Umtopfens in einen mentalen Ausnahmezustand versetzen muss. Leider hat die strenge Erledigungsgenerälin an meiner Seite für diese Sonderkommando-Attitüde null Verständnis und sagt nur: „Mah, jetzt mach' net so a Theater!“Mir egal, ich habe die Bühne mittlerweile in einen Hochglanz-Zustand versetzt und kann vermelden: Inszenierung vom Feinsten. Held lebt. Medieninhaber: KURIER Zeitungsverlag und Druckerei Ges.m.b.H., Leopold-Ungar-Platz 1, 1190 Wien Herausgeber und Chefredakteur: Dr. Helmut Brandstätter Redaktion Mein Sonntag: Laila Daneshmandi Ute Brühl, Daniela Davidovits, Hedwig Derka, Axel Halbhuber, Peter Pisa, Julia Pfligl, Philipp Wilhelmer Layout: KURIER Produktion Geschäftsführer: Mag. Thomas Kralinger, Dkfm. Mark Mickasch Verleger: Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GesmbH & Co. KG, Muthgasse 2, 1190 Wien Hersteller: Mediaprint Zeitungsdruckerei, 1230 Wien Kontakt: meinsonntag@kurier.at