Kein Titel, dafür Hohn und Spott für Brasiliens Superstar Neymar
Abgang. Der 26-Jährige erlebte den „traurigsten Moment“
So theatralisch er sich durch das Turnier gestikuliert hatte, so unspektakulär war sein Abgang. Um 1.19 Uhr, zweieinhalb Stunden nach der 1:2-Niederlage im Viertelfinale gegen Belgien, kam Neymar in der Nacht auf Samstag aus Brasiliens Kabine. Die rechte Hand in der Hosentasche vergraben und den Blick auf den Boden gerichtet, verließ er das Stadion kommentarlos.
Zum zweiten Mal war sein Traum vom WM-Titel geplatzt. Nur diesmal hatte der 222-MillionenMann vor aller Welt auch noch seinen Ruf ramponiert.
Denn von dieser WM wird nur Neymar, der Schwalbenkönig in Erinnerung bleiben. Der Schauspieler. Der Dauer-Lamentierer. Und nicht der Ausnahme-Fußballer, der seine Fähigkeiten zumindest angedeutet hatte.
Zwei Tore, zwei Vorlagen in fünf Spielen – das ist eigentlich keine schlechte Bilanz für einen Spieler, der die letzten drei Monate vor dem Turnier verletzt war. „Bei 100 Prozent konnte er nicht sein“, sagte Nationaltrainer Tite: „Aber er hat sich mit seiner Einstellung und seinen guten körperlichen Voraussetzungen schneller in Form gebracht, als ich es erwarten konnte.“
So ernüchternd wie das 1:7 gegen Deutschland ohne den damals verletzten Neymar war Brasiliens Ausscheiden diesmal nicht. Dafür kam es sogar noch eine Runde früher. Neymar ist erst 26, im Gegensatz zu Lionel Messi (31) oder Cristiano Ronaldo (33) bleibt ihm wohl noch mindestens eine WM-Chance.
Am Tag danach schrieb Neymar über den „traurigsten Moment in meiner Karriere“: Der Schmerz sei sehr groß, hieß es auf Instagram. Der Superstar erklärt, es sei schwer, „die Kraft zu finden, um wieder Fußball spielen zu wollen“. Aber Gott werde ihm helfen.
Schwalben-Training
Auch gegen Belgien hatte Neymar in zwei Fällen auf peinliche Art und Weise versucht, einen Elfmeter zu schinden. Immerhin plagte ihn das schlechte Gewissen, als er Schiedsrichter Milorad Mazic bat, nicht die Video-Assistenten zu befragen. Sonst hätte ihm eine zweite Gelbe Karte gedroht und eine Sperre im möglichen Halbfinale.
In den sozialen Medien wird der teuerste Fußballer der Welt verspottet. In zahlreichen Videos wurde sein theatralisches Rollen aus dem Spiel in Mexiko eingebaut. In der Schweiz übten Nachwuchskicker im Training Neymar-Schwalben.
Die Wut vieler Ex-Stars war ernst. „Man spottet über ihn – und das zurecht“, sagte Deutschlands Rekord-Internationaler Lothar Matthäus. „Ich hatte Sorge, er stirbt“, meinte Dänemarks Ex-Weltklasse-Keeper Peter Schmeichel. „Es nervt, dass er jedes Mal über den Rasen rollt, als sei er schwer misshandelt worden“, schimpfte Englands Ex-Torjäger Alan Shearer.
Geht es nach dem brasilianischen Verband CBF, soll Neymar aber vor allem unter Trainer Tite weitermachen. „Darüber gibt es überhaupt keine Debatte“, sagte ein Mitglied der CBF-Führung.