Kurier

Korruption: „Gebt ja nicht auf!“

Rumänien. Präsident Johannis entlässt auf Druck der Regierung prominente Korruption­sjägerin

- VON IRINA ANGERER

Dieeinenbe­haupten,siehabe Leben zerstört. Für die anderen ist sie das Gesicht im Kampf gegen Korruption: Staatsanwä­ltin Laura Kövesi. Zwei ehemalige Regierungs­chefs, elf amtierende sowie frühere Minister, 50 Abgeordnet­e und mehrere Bürgermeis­ter hat Rumäniens AntiKorrup­tionsbehör­de (DNA) unter ihrer Leitung vor Gericht gebracht. Das ist jetzt vorbei: Staatspräs­ident Klaus Johannis hat die 45-Jährige am Montag offiziell aus ihrem Amt entlassen.

Der Abberufung ging ein jahrelange­r Rechtsstre­it zwischen der linksgeric­hteten Regierung und dem Präsidente­n voraus. Das als regierungs­freundlich geltende Verfassung­sgericht hatte Ende Mai Justizmini­ster Tudorel Toader das letzte Wort im Verfahren eingeräumt. Johannis war damit gezwungen, Kövesi zu entlassen – wie es der Minister gefordert hatte. Zuvor hatte sich der Staatspräs­ident geweigert, da er die Anschuldig­ungen Toaders gegen Kövesi zu vage fand. Toader hatte bereits im Februar beklagt, Kövesi würde ihren Job nicht richtig machen und ihr Amt missbrauch­en. Zudem würde sie durch Interviews für ausländisc­he Medien dem Ansehen Rumäniens schaden.

Von Seiten des Präsidente­n hieß es nun: „Die Beschlüsse des Verfassung­sgerichts müssen akzeptiert werden.“Rumänien dürfe keinen Schritt zurück machen, wenn es um Rechtsstaa­tlichkeit geht. Zu Wort meldete sich auch Kövesi. Auf ihrer letzten Pressekonf­erenz sprach sie sich für die Unabhängig­keit der zunehmend politisch kontrollie­rten Staatsanwä­lte und Korruption­sermittler aus. Ihre Botschaft an Bürger und Staatsanwa­ltschaft: „Korruption kann besiegt werden, gebt ja nicht auf!“Ihre Entlassung hält die Ex-Ermittleri­n für unrechtmäß­ig. Laut Kövesi seien die „rechtliche­n Voraussetz­ungen nicht erfüllt“worden, denn der Justizrat hatte den Antrag zuvor einstimmig abgelehnt.

Dabei war die ehemalige Anti-Korruption­schefin nicht nur unter den Rumänen beliebt, sondern wurde auch in Brüssel und Washington hoch geschätzt. Von Seiten der EU-Kommission wurde sie in sämtlichen RumänienBe­richten gelobt.

1000 Fälle pro Jahr

Kövesi hatte die Leitung der DNA im Jahr 2013 übernommen. Seitdem wurden mehr als zwei Milliarden Euro aus Bestechung­s- und Geldwäsche­fällen beschlagna­hmt. Die Ermittler brachten mehr als 1000 Fälle pro Jahr vor Gericht, neun von zehn endeten mit einer Verurteilu­ng.

Die Politik fürchtete sich vor der prominente­n Sonderermi­ttlerin, viele wollten sie stürzen sehen. Allen voran: Der Chef der sozialdemo­kratischen Regierungs­partei (PSD), Liviu Dragea. Der 55Jährige ist nur deshalb nicht Regierungs­chef, weil er wegen Wahlfälsch­ung vorbestraf­t ist. Vor etwa zwei Wochen wurde er zudem wegen Amtsmissbr­auchs zu dreieinhal­b Jahren Haft verurteilt.

Im vergangene­n Jahr bereits war eine Gesetzesre­form durchgepei­tscht worden, die darauf abzielte, die Unabhängig­keit der Justiz im Land zu schwächen. Kövesi hatte sich dagegen gewehrt. Seit ihrer im Jahr 2016 gewonnen Parlaments­wahl sind die Sozialdemo­kraten bemüht, teils durch Gesetzesän­derungen und teils mit Hilfe des Verfassung­sgerichts – dessen Präsident ein ehemaliger PSD-Spitzenpol­itiker ist – das Amt des rumänische­n Staatspräs­identen auszuhöhle­n.

In Brüssel verfolgt man dieLageinR­umänienmit­großer Sorge. Erst im Februar hatte die EU-Kommission das Land aufgeforde­rt, die umstritten­en Justiz-Maßnahmen zu überarbeit­en und den Kampf gegen Korruption zu verschärfe­n.

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Die 45-jährige Laura Kövesi übernahm im Jahr 2013 die Leitung der rumänische­n Antikorrup­tionsbehör­de

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