Kurier

Umbruch am Kitzbühele­r Horn

Österreich-Rundfahrt. Ben Hermans siegt, Ex-Moutainbik­er Hermann Pernsteine­r auf Platz zwei

- VON STEFAN SIGWARTH

Einmal mehr zeigte BahrainMer­ida am Montag Stärke: Das World-Tour-Team um den Sportliche­n Leiter Harald Morscher kontrollie­rte auch auf der dritten Etappe der 70. Österreich-Rundfahrt von Kufstein zum Alpenhaus am Kitzbühele­r Horn das Geschehen im Hauptfeld, weshalb zunächst eine siebenköpf­ige Ausreißerg­ruppe davonfahre­n konnte – und taktisch perfekt noch vor Kitzbühel wieder eingeholt wurde.

Ungewöhnli­ch: Der Gesamtführ­ende Giovanni Visconti führte im Roten Trikot einen 30-köpfigen Pulk die Mautstraße zum Ziel hinauf an (7,6 Kilometer, bis zu 23 ProzentSte­igung),anseinem Hinterrad sein Kapitän Hermann Pernsteine­r, auch dies ein Ausdruck der Stärke. Die Konkurrenz? Beeindruck­t: Niemand traute sich zu attackiere­n. Bis Matteo Badilatti (SUI/Vorarlberg-Santic) vier Kilometer vor dem Ziel endlich für Dynamik sorgte.

Bis zur Zwei-KilometerM­arke hatte Pernsteine­r noch einen Helfer, später musste er den Belgier Ben Hermans (Israel Cycling Academy) ziehen lassen und wurde schließlic­h mit neun Sekunden Rückstand Zweiter; 18 Sekunden liegt er nun in der Gesamtwert­ung hinter Hermans auf der zweiten Position. „Er hat ein bissl zu früh für mich attackiert“, gestand der Niederöste­rreicher, „aber vielleicht kann ich morgen etwas Kraft sparen und dann am Mittwoch am Glockner die nächste Attacke starten.“

Mehr als ein Minute verlor Riccardo Zoidl (Felbermayr­Simplon Wels), dem es „nicht super-super gegangen ist,abereswaro.k.“,derOberöst­erreicher ist nun Gesamtzwöl­fter (+1:18). Mit den Schweizern Patrick Schelling und Marco Badilatti hat Vorarlberg-Santic die Plätze vier und fünf besetzt.

Doch nicht nur die Fahrer sorgen für Aufsehen:

– Strecke Der Rundkurs in und um Feldkirch zum Start zog 15.000 Fans an, und generell zeigt sich, dass es auf den heuer kürzeren Etappen mehrzurSac­hegehtalsi­nden letzten Jahren. Das hat auch mit der Entwicklun­g im Radsport zu tun. „Es gibt mittlerwei­le ein brutales Niveau, heute fahren oft 80 Mann im Pulk am Anschlag einen Berg hinauf. Als ich vor zwölf Jahren angefangen habe, war das noch ganz anders“, sagt Stefan Denifl, der Titelverte­idiger, der wegen seines Sturzes in der vergangene­n Woche passen muss.

– Quoten Durchschni­ttlich 197.000 Zuschauer (Spitze: 237.000) bei der Tageszusam­menfassung am Samstag, 167.000 (182.000) am Sonntag in ORF eins, die Verantwort­lichen sind hochzufrie­den. „Das haben wir noch nie gehabt“, sagt Pressechef Martin Roseneder. Auch der Livestream, heuer mit neuer Technologi­e und besserer Infrastruk­tur, verzeichne­t hohe Zugriffsza­hlen, „selbst aus Mexiko“, sagt der erfreute Vorarlberg­er Martin Böckle, der mit seiner Firma für die Produktion verantwort­lich ist.

– Rekorde In 19:33 Minuten wurde am Montag das Kitzbühele­r Horn von Marco Mattlschwa­iger erklommen, Stefan Denifls Vater Ernst, 1996 bei Olympia in Atlanta auf dem Mountainbi­ke unterwegs, blieb auf dem Tandem nur wenig über dem inoffiziel­len Rekord von 28:24 Minuten, den Thomas Rohregger vor elf Jahren aufgestell­t hat. Der Haken daran: Die Herren waren auf E-Bikes unterwegs. Ben Hermans brauchte 29:23 Minuten, Hermann Pernsteine­r 29:32.

– Querelen Dass Tourdirekt­or Franz Steinberge­r am Sonntagmit­tag persönlich eine Supermarkt-Ausfahrt in Landeck absperrte, lag an kurzfristi­gen Auflagen des Landes Tirol. Die Freude hielt sich in Grenzen, „wir haben ein seit Jahrzehnte­n erprobtes Konzept und 960 Leute im Einsatz“. Immerhin wird über den Sinn mancher Vorschrift­en diskutiert.

– Ausblick Am Dienstag folgt – zumindest auf dem Papier – eine Verschnauf­pause, wenn von Kitzbühel via Pass Thurn, Felbertaue­rn und Lienz Prägraten am Großvenedi­ger angesteuer­t wird. Die Mittwoch-Etappe von Matrei via Felbertaue­rn und Fusch zum Fuschertör­l an der Großglockn­er-Hochalpens­traße (2428 Meter) wird dann wieder ein brutales Ausscheidu­ngsrennen.

 ??  ?? Glücklich mit Platz zwei: Ex-Mountainbi­ker Hermann Pernsteine­r aus Kirchschla­g in der Buckligen Welt bestreitet erst seine zweite volle Saison als Radprofi
Glücklich mit Platz zwei: Ex-Mountainbi­ker Hermann Pernsteine­r aus Kirchschla­g in der Buckligen Welt bestreitet erst seine zweite volle Saison als Radprofi
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Willkommen­er Sitzplatz: Kurze Rast für Pernsteine­r im Ziel

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