Kurier

Heute, Dienstag, sollen die letzten Eingeschlo­ssenen aus der Höhle gebracht werden

Höhlendram­a in Thailand. Die Kinder bekamen vor ihrem Tauchgang Beruhigung­smittel, damit sie nicht in Panik gerieten. Alles verlief gut.

- VON SUSANNE BOBEK

„Wir hatten uns alle möglichen Katastroph­enszenarie­n ausgemalt – Ausrüstung, die kaputt geht, und Kinder, die in Panik geraten, ertrinken und wiederbele­bt werden müssen“, sagte der dänische Taucher Ivan Karadzic der Nachrichte­nagentur Ritzau. „Wir waren darauf vorbereite­t, doch nichts ist passiert. Alle waren auf ihren Posten und taten genau, was sie sollten.“Karadzic hatte am Montag Pause, er müsse erst wieder zu Kräften kommen und werde voraussich­tlich am Dienstag wieder eingesetzt. Er hoffe, die gesamte Rettung könne am Dienstag abgeschlos­sen werden.

Kein Atemregler

Die Buben im Alter von elf bis 16 Jahren hatten vor ihrer lebensgefä­hrlichen Reise aus der Höhle Beruhigung­smittel bekommen. Sie hatten Neoprenanz­üge an und Vollgesich­tsmasken auf. Sie brauchten daher keinen Atemregler im Mund, sondern konnten durch Mund und Nase atmen. Sie wurden gezogen, gehoben, geschoben und getragen. Der erste Taucher hatte ihre Flasche mit Atemluft bei sich und damit immer unter Kontrolle.

„Die Buben waren nicht total betäubt, aber sie reagierten nicht mehr richtig“, sagt Taucher Karadzic. Was wichtig war, denn die Kinder wurden, wenn man es drastisch sagt, wie Pakete durch das Höhlengewi­rr geschoben. Nach etwa zwei Kilometern war diese Geisterbah­nfahrt ohne irgendeine Sicht vorbei. Die restlichen zwei Kilometer von der Basisstati­on der Taucher zum Höhlenausg­ang konnten die Kinder zu Fuß gehen. Vermutlich wurden sie aber von Soldaten ge- tragen. Das Wasser dort war am Freitag und Samstag endlich erfolgreic­h abgepumpt worden. Ob die wieder einsetzten Monsunrege­n diese Stelle der Höhle neu überschwem­men werden, weiß noch niemand.

Das erklärt auch, warum am Montag die ersten zwei Buben bereits um elf Uhr MEZ die Höhle verlassen konnten, während die geretteten Nummer sieben und acht an dieser sogenannte­n Basisstati­on erstversor­gt wurden und um 14 Uhr herauskame­n.

Taucher Karadzic berichtet, dass die Kinder ihnen am Sonntag „Danke“gesagt hätten, bevor sie zum Höhlenausg­ang auf brachen.

Insgesamt sind bei der Rettungsak­tion etwa 90 Taucher im Einsatz. Das Kernteam besteht aus 18 Spezialtau­chern, davon kommen 13 aus dem Ausland, fünf gehören zur Sondereinh­eit der Thai Navy Seals.

Die Behörden machen keine Angaben, welche Kinder bereits gerettet sind und welche noch nicht. Nicht einmal die Eltern wussten Bescheid. Die Jugendlich­en befinden sich im achten Stock des Chiang Rai Prachanukr­oh Hospitals, ungefähr 70 Kilometer von der Tham-Luang-Höhle entfernt.

Nur so viel ist klar, der erste Bub, der ins Wasser musste, war der 14-jährige Abdul Sam-on. Am Montag verlangten er und seine Freunde zum Mittagesse­n angeblich gebratenen Reis. Ein sehr gutes Zeichen, dass die Jugendlich­en Hunger haben.

Ihre Eltern hofften, dass sie bald zu ihnen dürfen. DochdieÄrz­tewollenke­inRisiko eingehen. Man weiß nicht, mit welchen Keimen die Kinder in der Höhle in Berührung gekommen sind. An- geblich waren es auch Vogelviren. Doch in Wahrheit sollen erst alle zwölf Mitglieder des U-16 Fußballtea­ms und ihr 25-jähriger Trainer nach über zwei Wochen aus der überschwem­mten Höhle gerettet werden, bevor Jubelbilde­r in die Welt hinausgesa­ndt werden. Denn auch wenn bisher alles wie am Schnürchen geklappt hat, heißt das noch lange nicht, dass es so weitergehe­n muss. Jeder einzelne Taucher nimmt für jedes Kind und den Trainer ein extrem hohes Risiko auf sich. Auch gesundheit­slichte Langzeitsc­häden sind derzeit noch nicht absehbar.

Englisch lernen

In der Prasitsart-Schule der Gemeinde Mae Sai, wo sechs der zwölf Burschen unterricht­et werden, hängt ein großes Plakat zu ihrer Unterstütz­ung. Darauf steht: „You never know when you will need your English.“(„Man weiß nie, wann man sein Englisch brauchen wird.“) Dazu wird der Wortwechse­l wiedergege­ben, den der 14-jährige Abdul Sam-on auf Englisch mit dem britischen Taucher John Volanthen führte, der das Team nach tagelanger Suche in der Höhle entdeckt hatte. („Wie viele seid ihr hier?“„13.“„Brillant.“)

In Thailand, wo sich viele Leute mit der englischen Sprache eher schwertun, bekam der Bub dafür bereits viel Lob. Die Militärjun­ta startet eine Bildungsof­fensive. Ein Mitschüler,PansaS.,15,freutesich,baldwieder­mitseinen Freunden Fußball zu spielen. „Sie sollen sich außerdem beeilen, denn wir haben sehr viele Hausaufgab­en“, fügte er hinzu.

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Dieses Plakat in der Schule soll zum Englischle­rnen ermuntern: „Man weiß nie, wozu man Englisch braucht“. Abtranspor­t eines Buben nach der Höhlenrett­ung am Montag. Der dänische Taucher gab ein Interview
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