Heute, Dienstag, sollen die letzten Eingeschlossenen aus der Höhle gebracht werden
Höhlendrama in Thailand. Die Kinder bekamen vor ihrem Tauchgang Beruhigungsmittel, damit sie nicht in Panik gerieten. Alles verlief gut.
„Wir hatten uns alle möglichen Katastrophenszenarien ausgemalt – Ausrüstung, die kaputt geht, und Kinder, die in Panik geraten, ertrinken und wiederbelebt werden müssen“, sagte der dänische Taucher Ivan Karadzic der Nachrichtenagentur Ritzau. „Wir waren darauf vorbereitet, doch nichts ist passiert. Alle waren auf ihren Posten und taten genau, was sie sollten.“Karadzic hatte am Montag Pause, er müsse erst wieder zu Kräften kommen und werde voraussichtlich am Dienstag wieder eingesetzt. Er hoffe, die gesamte Rettung könne am Dienstag abgeschlossen werden.
Kein Atemregler
Die Buben im Alter von elf bis 16 Jahren hatten vor ihrer lebensgefährlichen Reise aus der Höhle Beruhigungsmittel bekommen. Sie hatten Neoprenanzüge an und Vollgesichtsmasken auf. Sie brauchten daher keinen Atemregler im Mund, sondern konnten durch Mund und Nase atmen. Sie wurden gezogen, gehoben, geschoben und getragen. Der erste Taucher hatte ihre Flasche mit Atemluft bei sich und damit immer unter Kontrolle.
„Die Buben waren nicht total betäubt, aber sie reagierten nicht mehr richtig“, sagt Taucher Karadzic. Was wichtig war, denn die Kinder wurden, wenn man es drastisch sagt, wie Pakete durch das Höhlengewirr geschoben. Nach etwa zwei Kilometern war diese Geisterbahnfahrt ohne irgendeine Sicht vorbei. Die restlichen zwei Kilometer von der Basisstation der Taucher zum Höhlenausgang konnten die Kinder zu Fuß gehen. Vermutlich wurden sie aber von Soldaten ge- tragen. Das Wasser dort war am Freitag und Samstag endlich erfolgreich abgepumpt worden. Ob die wieder einsetzten Monsunregen diese Stelle der Höhle neu überschwemmen werden, weiß noch niemand.
Das erklärt auch, warum am Montag die ersten zwei Buben bereits um elf Uhr MEZ die Höhle verlassen konnten, während die geretteten Nummer sieben und acht an dieser sogenannten Basisstation erstversorgt wurden und um 14 Uhr herauskamen.
Taucher Karadzic berichtet, dass die Kinder ihnen am Sonntag „Danke“gesagt hätten, bevor sie zum Höhlenausgang auf brachen.
Insgesamt sind bei der Rettungsaktion etwa 90 Taucher im Einsatz. Das Kernteam besteht aus 18 Spezialtauchern, davon kommen 13 aus dem Ausland, fünf gehören zur Sondereinheit der Thai Navy Seals.
Die Behörden machen keine Angaben, welche Kinder bereits gerettet sind und welche noch nicht. Nicht einmal die Eltern wussten Bescheid. Die Jugendlichen befinden sich im achten Stock des Chiang Rai Prachanukroh Hospitals, ungefähr 70 Kilometer von der Tham-Luang-Höhle entfernt.
Nur so viel ist klar, der erste Bub, der ins Wasser musste, war der 14-jährige Abdul Sam-on. Am Montag verlangten er und seine Freunde zum Mittagessen angeblich gebratenen Reis. Ein sehr gutes Zeichen, dass die Jugendlichen Hunger haben.
Ihre Eltern hofften, dass sie bald zu ihnen dürfen. DochdieÄrztewollenkeinRisiko eingehen. Man weiß nicht, mit welchen Keimen die Kinder in der Höhle in Berührung gekommen sind. An- geblich waren es auch Vogelviren. Doch in Wahrheit sollen erst alle zwölf Mitglieder des U-16 Fußballteams und ihr 25-jähriger Trainer nach über zwei Wochen aus der überschwemmten Höhle gerettet werden, bevor Jubelbilder in die Welt hinausgesandt werden. Denn auch wenn bisher alles wie am Schnürchen geklappt hat, heißt das noch lange nicht, dass es so weitergehen muss. Jeder einzelne Taucher nimmt für jedes Kind und den Trainer ein extrem hohes Risiko auf sich. Auch gesundheitslichte Langzeitschäden sind derzeit noch nicht absehbar.
Englisch lernen
In der Prasitsart-Schule der Gemeinde Mae Sai, wo sechs der zwölf Burschen unterrichtet werden, hängt ein großes Plakat zu ihrer Unterstützung. Darauf steht: „You never know when you will need your English.“(„Man weiß nie, wann man sein Englisch brauchen wird.“) Dazu wird der Wortwechsel wiedergegeben, den der 14-jährige Abdul Sam-on auf Englisch mit dem britischen Taucher John Volanthen führte, der das Team nach tagelanger Suche in der Höhle entdeckt hatte. („Wie viele seid ihr hier?“„13.“„Brillant.“)
In Thailand, wo sich viele Leute mit der englischen Sprache eher schwertun, bekam der Bub dafür bereits viel Lob. Die Militärjunta startet eine Bildungsoffensive. Ein Mitschüler,PansaS.,15,freutesich,baldwiedermitseinen Freunden Fußball zu spielen. „Sie sollen sich außerdem beeilen, denn wir haben sehr viele Hausaufgaben“, fügte er hinzu.