In der Auffahrt zum Großglockner will ein Mountainbiker attackieren
Österreich-Rundfahrt. Giovanni Visconti gewinnt in Prägraten. Hermann Pernsteiner fährt als Zweiter zum Glockner.
DashättesichHermannPernsteiner vor zwei Jahren auch nicht träumen lassen: Gerade vom Mountainbike auf die Straße gewechselt und beim Ö-Tour-Debüt 2016 Gesamtsechster, fährt der 27-Jährige heuer um den Gesamtsieg mit. Zweiter ist er bei Halbzeit der 70. Österreich-Rundfahrt, 18 Sekunden hinter dem Belgier Ben Hermans, und im kommenden Jahr könnte dem Niederösterreicher eine ganz besondere Ehre zuteil werden. Denn seine Heimatgemeinde Kirchschlag in der Buckligen Welt willsichfür2019alsEtappenziel bewerben, wie Tourdirektor Franz Steinberger am Montagabend verkündete.
Der erfolgreiche Wechsel vom Gelände auf den Asphalt ist auch das Verdienst von Hermann Pernsteiners Lernfähigkeit – speziell im taktischen Bereich ist der Straßenradsport höchst anspruchsvoll. Mit seinen Kolle- gen vom Team Bahrain-Merida hat der Niederösterreicher freilich gute Lehrer. „Er lernt jeden Tag dazu, und er weiß, dass das Team hinter ihm steht“, erklärt Harald Morscher, der Sportliche Leiter. Und dass Bahrain-Merida trotz der Tour de France eine starke Mannschaft zur ÖTour gebracht hat, spricht auch für das Feld in diesem Jahr. „Es gibt viele kleine, hungrige Mannschaften“, weiß Morscher, und die haben nichts weniger im Sinn, als den World-Tour-Mannschaften das Leben möglichst schwer zu machen. So beispielsweise das ContinentalTeam Vorarlberg-Santic, das die Schweizer Patrick Schelling und Matteo Badilatti auf die Gesamtplätze vier und fünf gebracht hat.
Kopf- und Nervensache
„Die Taktik ist das Schwierigste“, sagt Harald Morscher und verweist auf die Tour of Japan, die Hermann Pernsteiner als Zweiter beendet hat: „Wir hatten vor der Etappe zum Fujijama, unserer Generalprobe für die Österreich-Rundfahrt, gesagt: Passiert nix, attackieren wir zum Zeitpunkt X. Dann ist allerdings doch etwas passiert, Hermann hat auf seinem Rad-Computer aber den vereinbarten Kilometer 56 gesehen und wollte dann angreifen – da mussten wir ihn danndraufhinweisen,dasses anders besprochen war.“
Doch es wird von Tag zu Tag besser, und am Mittwoch ist auf der knapp 93 Kilometer kurzen Etappe von Matrei zum 2428 Meter hohen Fuscher Törl mit weiteren Attacken zu rechnen. Die gute Nachricht vorweg: Es sollte trotz des Höhentiefs ohne Schneefall abgehen.
Schnee blieb dem Feld auch am Dienstag zwischen Kitzbühel und Prägraten erspart, im Bergsteigerdorf am Großvenediger setzte sich Giovanni Visconti im Sprint durch, und der Italiener von Bahrain-Merida sorgte nach etlichen Attacken seines Teams (Taktik!) für den bereits dritten Etappensieg – und seinen zweiten.
Natürlich wurde durch den Felbertauerntunnel gefahren, es folgte „die einzige Autobahn Osttirols“, wie Felix Gall juxte, der eine Trainingsfahrt für einen Ö-TourAbstecher nutzte. Der 20-jährige Juniorenweltmeister des Jahres 2015 ist neuerdings Heeressportler und wird im August auch die Militär-WM in den Niederlanden bestreiten. Was seinen mit Jahresende auslaufenden Vertrag mit dem Development-Team von Sunweb angeht, ist der Osttiroler zuversichtlich: „Sie sind mit mir zufrieden, und ich fühle mich wohl.“Er selbst kennt den Felbertauerntunnel übrigens auf dem Rad nicht – was daran liegt, dass er normalerweise für Radfahrer gesperrt ist.