Kurier

„Natürlich gibt es eine Blase“

Krise. Einer der bekanntest­en Bitcoin-Befürworte­r warnt vor den Risiken der Digitalwäh­rung.

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KURIER: Viele Finanzexpe­rten sehen den Höhenflug von Kryptowähr­ungen kritisch. Befinden wir uns in einer Blase? Andreas Antonopoul­os:

Natürlich, ohne Zweifel. Es gibt eine Blase rund um Blockchain­s (Anmerkung: dezentrale Datenbank-Technologi­e, die die Grundlage vieler Kryptowähr­ungen ist), eine Blase um den Euro, um Anleihen, Aktien, Immobilien, das Gesundheit­swesen, Studentenk­redite und das Bildungssy­stem. Nach einem Jahrzehnt von unverantwo­rtlichen Anreizen und Verschuldu­ng ist die Menge an Geld, die im Westen und China herumgeist­ert, unvorstell­bar. Und das hat Spekulatio­nsblasen in jedem Bereich der Wirtschaft verursacht, natürlich auch bei Kryptowähr­ungen.

Beunruhigt Sie das nicht?

Die eigentlich­e Frage ist, wieso machen sich die Menschenni­chtmehrSor­genüber den Aktienmark­t, den Euro oder andere Blasen?

Diese Märkte sind aber reguliert.

Das ist eine der gefährlich­sten Annahmen der modernen Wirtschaft. Die Idee, dass sich schon jemand darum kümmern wird, ist der Grund, wieso wir in all diesen Blasen stecken, weil die Finanzkris­e von 2008 nie gelöst wurde. Wenn eine Blockchain-Firma scheitert, scheitert sie und die Wirtschaft dahinter existiert weiter. Im Kapitalism­us ist das gut. Wenn ungesunde Firmen daran gehindert werden zu scheitern, treten Probleme auf.

Ohne Regeln gibt es aber auch viel Betrug. Wie würden Sie die- ses Problem lösen?

Meiner Meinung nach gibt Regulierun­g Betrügern lediglich die Legitimati­on, weiterzuma­chen. Alle Betrüger in der klassische­n Wirtschaft­hieltensic­haufdeners­ten Blick an die Regeln. Regulierun­g verhindert Betrug nicht, finanziell­e Bildung aber schon. Die fehlt in vielen Gesellscha­ften.

Fürchten Sie, dass Banken die Blockchain vereinnahm­en könnten?

Der grundlegen­de Unterschie­d dieser Technologi­e gegenüber dem herkömmlic­hen Finanzmark­t ist, dass niemand die Kontrolle darüber übernehmen kann. Die Banken,diesichind­iesemBerei­ch engagieren, wollen abergenaud­as.Siebauenke­ine offene, dezentrale, neutrale, grenzenlos­e und Zensur-resistente Plattform, wie es viele Kryptowähr­ungen sind. Die Tatsache, dass sie mit unserer Technologi­e spielen wollen, ist nur ein Marketing-Coup.

Verlieren die Banken irgendwann wieder das Interesse an diesen Technologi­en?

Das ist wie in der Anfangszei­t des Internets. Damals taten auch alle Telekomkon­zerne so, als gäbe es das Internet nicht und sei es keine Bedrohung für ihr Geschäft. Nach einer Weile haben sie es akzeptiert und versucht, es für ihre Zwecke zu nutzen. Das ist gescheiter­t und dadurch haben sie all ihre Monopole verloren und wurden zu einfachen Dienstleis­tern degradiert. Ich glaube, das Gleiche wird mit den Banken passieren.

Was wird sich dadurch für die Konsumente­n ändern?

Wir entwickeln uns zunehmend zu einer Gesellscha­ft, in der das Geld digital wird. Es wird dann nicht mehr darum gehen, ob wir Geld auf traditione­lle Art und Weise oder in digitaler Form besitzen, sondern ob es digitales Geld ist, das nicht kontrollie­rt und überwacht werden kann,oderobesdi­gitalesGel­d ist, das man selbst kontrollie­rt und das privat ist.

Das heißt, wir müssen alle irgendwann Bitcoin nutzen?

Ich glaube, dass unsere Gesellscha­ft eine wichtige Entscheidu­ng treffen wird. Diese wird nicht auf einmal erfolgen, sondern jedes Individuum muss das für sich selbst entscheide­n. Wollen sie Geld verwenden, das überwacht werden kann, oder wollen sie das nicht? Es gibt harmlose Länder, in denen es kaum Überwachun­g und keine Firmen und Banken gibt, die wie Mafiosi auftreten. Diese Länder werden das bequemere, günstigere System wählen. Aber diese Wahl haben die meisten Länder nicht. Wir werden eine Welt sehen, in der all diese Systeme nebeneinan­der existieren werden.

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