Action-Kino im Polizeibus
Clash. Ägyptisches Revolutionsdrama über die Auswirkungen des arabischen Frühlings
Frankreich,Ägypten 2016. 97 Min. Von Mohamed Diab. Mit Nelly Karim, Hany Adel, Mohammed Alaa, Khaled Kamal KURIER-Wertung:
Das Innere eines Polizeifahrzeugs in Kairo ist der einzige Schauplatz dieses Films. Geboten wird ein spannendes Kammerspiel vor großer, politischer Kulisse. Die Handlung spielt im Sommer 2013, nur wenige Wochen, nachdem in Ägypten das Militär geputscht und den demokratisch gewählten Staatspräsidenten Mursi abgesetzt hat. Protestzüge mit Anhängern der Mursi nahestehenden Muslimbruderschaft ziehen durch Kairo. Die Sicherheitskräfte greifen hart durch.
Polizeiwillkür
Willkürlich verhaften sie Menschen und stecken sie in den bereitstehenden Polizeibus. Die ersten Gefangenen sind zwei Journalisten, ägyptische Amerikaner, die für die Associated Press arbeiten. Die schwer bewaffneten BeamtenhaltensiefürSpione der Muslimbruderschaft und reißen ihnen die Kameras aus der Hand. Als Demonstranten Steine auf den Polizeiwagen werfen – ohne zu wissen, dass darin Menschen gefangen gehalten werden, kommt es zu weiteren Festnahmen. Später werden tatsächlich Mitglieder der Muslimbruderschaft verhaftet, wodurch die politischen Spannungen auch auf das Innere des Polizeibusses übergreifen. So überschaubar der Ort der Handlung ist, so verunsichernd ist der Blick, den der in Ägypten aufgewachsene Filmemacher Mohamed Diab auf die Unruhen wirft. Der Gefangenentransport wird zum Mikrokosmos des politischen Umbruchs in Ägypten. Auf den wenigen Quadratmetern treffen die unterschiedlichsten Ansichten aufeinander.
Klaustrophobie
Es ist die aufgeheizte Stimmung in- und außerhalb des Fahrzeugs, die den Film zu einem klaustrophobischen Action-Kino macht. Man streitetüberPolitik.Manwird handgreiflich.Undmankann auch beobachten, wie menschliche Bedürfnisse zu Solidaritäten innerhalb der Zwangsgemeinschaft führen können – wie zum Beispiel der ganz banale Drang auf die Toilette zu müssen. Wie sehr nähern sich die verschiedenen Gruppen im Laufe dieser Zeit an? Es ist interessant zu beobachten, wie hartnäckig der Regisseur in diesem Film eine Stellungnahme zugunsten einer der Seiten dieses Konflikts vermeidet. Stattdessen möchte er zeigen, wie Menschen trotz höchst unterschiedlicher Ansichten miteinander auskommen können, wenn sie einander zuhören (müssen). Die Kamera ist dabei im Innern des Fahrzeugs platziert und verlässt es die 97 Filmminuten hindurch kein einziges Mal, woraus sich bisweilen Perspektiven ergeben, die einen Virtual-Reality-Effekt suggerieren.