US-Präsident legt sich mit Gastgeberin May an
Besuch in Großbritannien. Trump kritisiert „weichen“Brexit / Proteste im ganzen Land
„Es ist der bisher umstrittenste Besuch eines US-Präsidenten“: Diese Meinung eines BBC-Reporters teilen viele Briten. Dementsprechend groß sind die Proteste gegen Donald Trumps Kurzvisite im Vereinigten Königreich, die Donnerstagabend mit einem Galadinner in Winston Churchills Geburtshaus nahe Oxford beginnen sollte.
Mit Spannung wurde erwartet, wie Premierministerin May ihrem Gast dabei entgegentreten würde – immerhin hatte der die Konservative kurz vor seinem Abflug nach London verbal angegriffen. Grund für die Attacke war die Vorlage des sogenannten Brexit-Weißbuches durch den neuen Brexit-Chefunterhändler Raab, das den von May durchgesetzten Brexit-Kompromiss genauer umreißt. „Ich weiß nicht, ob es das ist, wofür sie gestimmt haben“, lästerte Trump am Ende des NATO-Gipfels in Brüssel mit Blick auf die Teilnehmer des britischen Brexit-Referendums 2016. Die EU, die Mays Plänen ablehnend gegenüber steht, kündigte an, das Weißbuch vor einer Bewertung zunächst analysieren zu wollen.
Umstrittenes Weißbuch
Wie erwartet ist in dem Papier von freiem Warenverkehr zwischen EU und Großbritannien die Rede, eine Position, die May gegen Brexit-Hardliner wie Ex-Außenminister Johnson und ExBrexit-Minister Davies durchgeboxt hatte – beide traten diese Woche zurück. In Sachen Sicherheit will Großbritannien die bestehenden Einrichtungen beibehalten. Bei Dienstleistungen, zum Beispiel im Banken- und Versicherungsbereich, will es eigene Wege gehen. Zudem soll die unkontrollierte Zuwanderung von EU-Bürgern unterbunden werden.
Sie sei überzeugt, dass dies „der richtige Brexit-Deal für Großbritannien“sei, verteidigte sich May in der Boulevardzeitung The Sun. Nur ihr Deal respektiere wirklich „den Willen des britischen Volks“. Die von der EU bevorzugte Variante – ein Standard-Handelsabkommen für Großbritannien mit Nordirland – würde das Land zerbrechen lassen.
So uneinig sich die Briten in Sachen Brexit sind, so einig sind sie in Sachen Trump: er stößt auf Ablehnung. Bereits am Donnerstag gab es erste Proteste gegen seinen Besuch. In London wollten Aktivisten in der Nacht auf Freitag den Schlaf des Präsidenten und seiner Frau, die beim US-Botschafter residieren, durch Schlagen auf Töpfe, Trommeln und durch Blasinstrumente stören. Heute, Freitag, werden in London bis zu 100.000 Demonstranten erwartet. Kundgebungen sind u. a. auch in Liverpool, Leeds, Manchester und Edinburgh geplant.
Trump wird von diesen selbst nicht viel mitbekommen. Er reist von London direkt in Mays Landgut Chequers, wo politische Gespräche anstehen. Danach empfängt ihn die Queen in Schloss Windsor. Angeblich bemüht sich die US-Botschaft in London um ein Treffen mit ExAußenminister Johnson – was zweifellos zu einem Eklat führen würde. Am Wochenende will Trump in seinem Golf klub in Schottland Kraft für den Höhepunkt seiner EuropaTour sammeln: Den Gipfel mit Russlands Staatschef Putin am Montag in Finnland.