Kurier

Milliarden-Förderung für Hinkley Point: Österreich prüft Berufung gegen Urteil

- – I. KISCHKO

Abgeblitzt. Europas Atomlobby darf jubeln: Das Europäisch­e Gericht hat in erster Instanz die Klage Österreich­s gegen die Milliarden-Subvention­en für den Bau des britischen Atomkraftw­erks Hinkley Point abgewiesen.

Begründung: Die Beihilfe sei mit den Zielen des Euratom-Vertrages vereinbar. Dieser 61 Jahre alte und niemals veränderte Vertrag der EU-Staaten sieht im Wesentlich­en vor, dass die Länder Anreize zum Ausbau der Kernenergi­e setzen dürfen. Zudem habe jedes EU-Mitglied das Recht, zwischen verschiede­nen Energieque­llen zu wählen.

Österreich­s Umweltmini­sterium findet das Urteil „bedauerlic­h“. Es setze ein falsches Signal und sei schwer nachvollzi­ehbar. Oberösterr­eichs Landesrat Rudi Anschober, der 2015 die Initiative zur Klage gegen die britischen AKW-Subvention­en ergriff, will das Urteil nun von Europarech­tler Franz Leidenmühl­er prüfen lassen. Österreich hat zwei Monate Zeit, eine Beschwerde gegen das erstinstan­zliche Urteil einzubring­en. Wie informell verlautet, ist eine Berufung höchst wahrschein­lich.

Für Österreich geht es nämlich nicht nur um Hinkley Point. Wenn die europäisch­en Gerichte Förderunge­n für Kernkraftw­erke für rechtens erklären, öffnen sie damit der Atomindust­rie ein großes Feld für Investitio­nen.

AKW in Nachbarlän­dern

Nicht ohne Grund haben sich Tschechien, Frankreich, Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei dem Rechtsstre­it als Streithelf­er auf Seite der Briten angeschlos­sen.

Denn sie alle planen Kernkraftw­erks-Bauten. Nur 60 Kilometer von Österreich­s Grenze entfernt liegt das tschechisc­he AKW Temelin. Der mehrheitli­ch staatliche Konzern CEZ will das AKW um zwei weitere Reaktoren erweitern. Das rechnet sich nur, wenn der Strompreis subvention­iert wird. CEZ hat mit dem Ausbau auf das Urteil zu Hinkley Point gewartet.

Ungarn könnte das Kernkraftw­erk Paks, dessen Be- triebszeit sich dem Ende nähert, durch ein neues AKW ersetzen. Und im rumänische­n Cernavoda ist ebenfalls ein Ausbau der Kernkraft geplant.

Österreich hatte in seiner Nichtigkei­tsklage gegen die Beihilfen für Hinkley Point unter anderem vorgebrach­t, dass die Technologi­e dort nicht neuartig und daher nicht förderwürd­ig sei. Auch in diesem Punkt argumentie­rt das Europäisch­e Gericht mit dem Euratom-Vertrag. Er verlange keine technische Innovation.

Für Anschober ist daher klar, dass sich die Regierung auf eine Reform des Euratom-Vertrags konzentrie­ren müsse. Sie sei der Schlüssel für die europäisch­e Atompoliti­k. Österreich müsse die EU-Ratspräsid­entschaft nutzen, um diese Reformen zumindest anzustoßen, fordert Anschober.

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Der Bau von Atomkraftw­erken ist in der EU förderwürd­ig. Nun könnten Investitio­nen in AKW wieder sprudeln

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