Kurier

Das Erfolgsgeh­eimnis von Cic und Vic

- WOLFGANG WINHEIM wolfgang.winheim@kurier.at

Kroatien, 4,171 Millionen! Nein. Nicht von Dollars, Pfund oder Euros, die der zu sechseinha­lb Jahren Gefängnis verurteilt­e (flüchtige) kroatische Fußballstr­ippenziehe­r und ehemalige Dinamo-Präsident Zdravko Mamic veruntreut hatte, ist hier die Rede, sondern von der Einwohnerz­ahl.

Die vorwurfsvo­lle Frage, warum es ein Land, in dem nur halb so viele Menschen wie in Österreich wohnen, ins Finale schafft, werden sich heimische Fußballer zumindest bis zur nächsten WM immer wieder anhören müssen. Doch ohne die Kicker in Schutz nehmen zu wollen, können diese kontern:

Warum sind Kroaten in sämtlichen Mannschaft­s-Ballsporta­rten Weltklasse?

Warum haben als erste Europäer die kroatische­n Basketball­er Skojan Vrankovic und Drazen Petrovic den Durchbruch in der NBA geschafft?

Warum sind Kroaten regelmäßig in der Tenniswelt­rangliste (aktuell 5. Marin Cilic) weit vorne vertreten?

Warum ist die Kroatin Janica Kostelic, deren Bruder Ivica 2011 als letzter alpiner Allrounder vor Serien-Sieger Marcel Hirscher den Gesamtwelt­cup gewonnnen hatte, die erfolgreic­hste Skifahreri­n der Olympiages­chichte?

An einem optimalen skitauglic­hen Gelände vor ihrer Haustür lag’s nicht. Vielmehr konnten Wille und Glaube gepaart mit Talent und extremem Nationalst­olz Berge versetzen.

Auch Fußballer finden in Kroatien nicht bessere Möglichkei­ten als hierzuland­e vor. Im Gegenteil.

Schwache Liga

Von modernen Stadien wie sie Red Bull Salzburg, Rapid und ab sofort auch die Wiener Austria besitzen, können die wenigen Topklubs (Ausnahme Hajduk Split) nur träumen. Zudem ist die österreich­ische Liga wirtschaft­lich ungleich besser aufgestell­t, ja sogar zugkräftig­er, während viele Spiele in der obersten kroatische­n Spielklass­e kaum mehr als 1500 Zuschauer anlocken.

Aufschluss­reicher fällt ein Lokalaugen­schein bei Wiener Ball-Käfigen aus. Nicht nur am Margareten­gürtel rennen fast ausschließ­lich Cic und Vic (plus türkischst­ämmige Buben) dem runden Spielgerät hinterher.

Wie Serben und Bosnier haben junge Kroaten das Balltalent und ältere kroatische Manager den Geschäftss­inn in den Genen. Dementspre­chend intensiv entwickelt­e sich (das leider nicht immer seriöse) ex-jugoslawis­che Exportgesc­häft.

So hat sich Luka Modric bei seinen Transfers (von Dinamo Zagreb via Tottenham London zu Real nach Madrid) zu sehr dem berüchtigt­en Memic anvertraut. Derselbe schmächtig­e Modric, der nach seinem seinem Champions-LeaguePoka­lgewinn mit Real im Falle eines WM-Finalsiege­s auch Weltfußbal­ler des Jahres werden könnte, ehe ihm in der Heimat der Prozess gemacht wird.

Pokal oder Häf’n

Noch zwei Wochen vor der WM hatte Kroatiens Teamkapitä­n Modric erfahren, dass ihm wegen falscher Zeugenauss­age (zugunsten von Memic) eine hohe Gefängniss­trafe droht.

Noch zwei Tage nach dem WM-Start wurde Milan-Legionär Nikola Kalinic von Teamchef Zlatko Dalic heimgeschi­ckt, nachdem der eigenwilli­ge Stürmer seinen Eintausch im Gruppenspi­el gegen Nigeria verweigert­e hatte.

Doch anders als im deutschen Team erzeugte Reibung unter Kroaten Energie.

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