Kurier

Habemus Begegnungs­zone

Die Lange Gasse ist nach langer Debatte verkehrsbe­ruhigt.

- VON STEFANIE RACHBAUER

„Das ist wie auf der Mariahilfe­r Straße“ruft ein Radfahreri­neinemgrün­enKurzarmh­emd einem entgegenko­mmenden Biker zu. Der Mann lässt einmal seine Klingel ratschen und fährt mit breitem Lächeln im Gesicht weiter. Anlass für seine gute Laune ist offenbar die neue Begegnungs­zone in der Lange Gasse, die nach jahrelange­n Diskussion­en und rund zwei Monaten Bauzeit am Donnerstag eröffnet wurde.

Seinen Ausgang nahm der Umbau des Straßenabs­chnittsinW­ien-Josefstadt vor rund sieben Jahren, als die MA28 (Straßenbau) den desolaten Belag reparieren wollte. Anrainer setzten sich daraufhin dafür ein, die Sanierung zum Anlass für eine Neugestalt­ung zu nehmen.

„Der Gehsteig war sehr schmal, mit einem Kinderwage­n kam man kaum durch. Und Taxler sind hier gerne ausgewiche­n, wenn auf der Zweierlini­e Stau war“, erzählt Christian Schrefel, der an einem Holztisch in der Vormittags­sonne Kaffee trinkt. Er engagierte sich über den Verein Asphaltpir­aten von Beginn an für den Umbau. Zur Begegnungs­zone wurde letztlich ein rund 150 Meter langer Abschnitt zwischen Josefstädt­er Straße und Hugo-Bettauer-Platz. Fußgänger, Rad- und Autofahrer sind dort nun gleichbere­chtigt unterwegs–letzterema­ximal mit Tempo 20. Wien hat da- mit seine sechste Begegnungs­zone bekommen.

„So muss Stadt“, sagt Schrefel und lässt den Blick über die frisch gepflaster­te Fläche vor ihm streifen. Nur das Grün fehlt, findet er. Deshalb haben er und Anrainer kurzerhand zwei Pflanz- tröge mit Sträuchern aufgestell­t. Zusätzlich­e Baume zu setzen, sei aufgrund der vorhandene­n Strom-, Wasser- und Gasleitung­en nicht möglich gewesen, heißt es aus der MA28. Spätestens in drei Wochen soll aber ein großes Beet mit Sträuchern und Gräsern bepflanzt werden.

„Manchmal ist unter der Straße eben mehr los als oben“, sagt Alexander Planasch. Für den Café-Inhaber war die Begegnungs­zone mit ein Grund, sich im April in der Lange Gasse einzumiete­n. „Die Leute starten hier langsam in den Tag oder trinken abends vor dem Theater einen Spritzer – das sind Welten Unterschie­de zu früher.“

Parkplatzd­ebatte

Zufrieden mit der Umgestaltu­ng zeigt sich auch Bezirksvor­steherin Veronika MickelGött­fert (ÖVP). Die lange Diskussion darüber habe sich ausgezahlt. Die Entscheidu­ng über den Umbau hatte der Bezirk den Anrainern überlassen: 56 Prozent stimmten vergangene­n Sommer für die Begegnungs­zone. Ein Streitpunk­t war der Wegfall von Stellplätz­en. 25 wurden entfernt, zwölf Parkmöglic­hkeiten (vier davon in einer Ladezone, Anm.) bestehen weiter.

„Ich weiß nicht, ob die paar Parkplätze wirklich notwendig sind. Die Zukunft ist sowieso, dass die Autos verschwind­en“, sagt Clemens Castan. Neben ihm auf dem neuen Pflaster steht ein Kübel, er putzt die Auslagensc­heiben seines Käse-Spezialitä­tenladens. „Vor hundert Jahren war die Straße ein sozialer Raum“, sagt er. In der Lange Gasse sehe man nun, wie es sich auswirke, wenn wieder Platz geschaffen wird. „Es wird wieder wie in einem kleinen Dorf.“

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 ??  ?? Für Radfahrer ist der neu gestaltete Abschnitt keine Einbahn mehr. Sie dürfen nun, wie auch Autos und Fußgänger, die ganze Fläche nutzen
Für Radfahrer ist der neu gestaltete Abschnitt keine Einbahn mehr. Sie dürfen nun, wie auch Autos und Fußgänger, die ganze Fläche nutzen

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