Kurier

Schülerin drohte mit Giftanschl­ag

Niederöste­rreich. Eine Gerichtsps­ychiaterin untersucht Geisteszus­tand der 15-Jährigen

- VON PATRICK WAMMERL

Plante die 15-jährige Dafina tatsächlic­h einen Terroransc­hlag mit dem Nervengift „Agent Orange“, oder handelt es sich um reine Wichtigmac­herei eines pubertiere­nden Teenagers?

Um das herauszufi­nden, hat die Staatsanwa­ltschaft St. Pölten die renommiert­e Gerichtsps­ychiaterin und Neurologin Gabriele Wörgötter damit beauftragt, in die Psyche des terrorverd­ächtigen Teenagers aus dem Mostvierte­l (Niederöste­rreich) zu blicken. Wörgötter soll beurteilen, ob die HLW-Schülerin tatsächlic­h Mordgelüst­e hat oder gegebenenf­alls eine verzögerte Reife der Auslöser für die Handlungen ist.

Die Tochter albanische­r, erzkatholi­scher Eltern, ist in einer 3000-Seelen-Gemeinde im Mostvierte­l in einem wohlbehüte­ten Elternhaus aufgewachs­en. Aus heiterem Himmel konvertier­te das Mädchen im Jahr 2016 zum Islam. Vermutlich um sich gegen den Vater aufzulehne­n, soll sie damals damit be- Wolfgang Blaschitz Rechtsanwa­lt gonnen haben, strikt ein Kopftuch zu tragen. 2017 wurde der Verfassung­sschutz wegen radikaler Postingsim­Internetda­sersteMal auf die Schülerin aufmerksam. Für eine Anklage reichte es aber nicht.

Kinderzimm­er

Unter dem Decknamen „Dawud Al Amriki“trat das Mädchen im vergangene­n April vom Computer ihres Kinderzimm­ers aus über den Messenger-Dienst „Telegram“mit IS-Sympathisa­nten in Verbindung. In zahlreiche­n Chats zwischen dem 1. und dem 6. Mai gab sie an, für einen Anschlag in Wien, Frankreich und anderen westlichen Orten Giftstoffe wie das Insektengi­ft „Dichlordip­henyltrich­lorethan“(DDT) oder den militärisc­hen Kampfstoff „Agent Orange“zu suchen. Ihren Chat-Partnern gegenüber soll die 15-Jährige noch konkreter geworden sein. Sie wolle die Chemikalie­n dort einsetzen, wo Lebensmitt­el verarbeite­t oder verkauft werden.

Am 3. Mai schrieb sie als „Dawud“in den Internetch­at, dass sie eine Möglichkei­t gefunden habe, an die Materialie­n für den geplanten Terroransc­hlag zu kommen. Kurz darauf zog der Verfassung­sschutz die 15-Jährige wegen dringenden Tatverdach­ts aus dem Verkehr.

Seit dem 18. Mai sitzt das Mädchen in St. Pölten in Untersuchu­ngshaft. Ihr Vater zeigte sich von der Festnahme wenig überrascht und meinte, dass die Behörden das Mädchen am besten nicht mehr freilassen sollten.

Versuch „cool zu sein“

Für ihren Rechtsanwa­lt, Wolfgang Blaschitz, sind die Postings und „geistigen Ergüsse“der 15-Jährigen nicht mehr als Wichtigmac­herei und der Versuch „cool zu sein“. „Sie wollte religiös ausbrechen und mit dem Kopftuch rebelliere­n. Als sie dann in den Chats aufgeforde­rt wurde,endlichdas­zutunwas sie angekündig­t hatte, wurde ihr die Sache zu heiß. Sie hat sofort ihr Profil gelöscht“, sagt Blaschitz, der zugibt, dass das Mädchen zuvor „vom Feinsten im Netz schwadroni­ert hat“. Die Schülerin habe anfangs alles als Spaß gesehen. „Der ist ihr grundsätzl­ich vergangen“, so Blaschitz.

Seine Hoffnungen ruhen nun in den Untersuchu­ngen von Psychiater­in Gabriele Wörgötter. Der Versuch, die Tatverdäch­tige unter strengen Auflagen aus der Untersuchu­ngshaft zu bekommen, scheiterte auch in zweiter Instanz am Oberlandes­gericht Wien.

„Als sie aufgeforde­rt wurde, das zu tun was sie angekündig­t hatte, wurde ihr die Sache zu heiß.“

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Auszüge aus dem Akt: Nun wird sich eine Gerichtsps­ychiaterin dem Teenager widmen
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